Ende gut, alles gut Meinung

Teil der Exklusiv-Serie Burtchens Bewusstseinsstrom

Im Vorwort des Doppelten Lottchens warnt Erich Kästner seine Leserinnen und Leser: Zum Ende hin wird es etwas mühseliger, aber bitte trotzdem dranbleiben. Der beliebte Kinderbuchautor gab an der Stelle zu, seine verlockende Prämisse nicht zu einem befriedigenden Ende geführt zu haben, aber wenn man das geschickt als etwas anspruchsvollere Kost – Das ist ein Feature! – verkauft, klappt es vielleicht. Zum einen: Netter Versuch. Zum anderen: Nein. Sowohl die Buchfassung als auch jede mir bekannte Verfilmung um die sich im Ferienlager findenden getrennten Zwillingsschwestern hat die gleichen Probleme. Guter Ansatz und kleine Entschlüsselung der Familiengeschichte, komödiantisches Potenzial nach dem Elternhaustausch von Luise und Lotte – und dann ein eben sichtlich bemühtes Fädenzusammenziehen, als dieser auffliegt und die Familie sich wieder vereint. Uhm, Spoiler Alert übrigens, ist ja noch keine achtzig Jahre her.
 

Rein funktional und unabhängig vom Medium betrachtet, soll ein Ende Handlungsbögen und Charakterentwicklungen abschließen, Konflikte aufgelöst haben und ebenso die Heldenreise in den Hafen geführt und möglichst alle losen Fäden zusammengebunden haben. Für das Publikum, philosophierte dereinst Aristoteles, ist es wichtig, eine echte Kartharsis zu erleben; also erfüllt mit dem Gesehenen abzuschließen. Hätte es in der Antike auch schon Doom als aufmunternde Alternative zum König Ödipus gegeben, er hätte gewiss auch Spiele in seine Überlegungen eingeschlossen.