Die Kodizes schalten neue Synchro-Fähigkeiten (Taktik-Modus) und Synchro-Attacken (Echtzeitangriff) frei. Daneben könnt ihr die Affinität für ein Element steigern und einen entsprechenden Zauber ohne MP wirken. Daneben warten viele kleine Perks der Marke "Rächerleiste hält länger an" oder "+ 200 TP". Gewisse Synchro-Fähigkeiten können auch mehrere in identischer Weise lernen.

Progression mit Kodizes und Materia

Es können immer nur drei Figuren aktiv in den Kampf geführt werden, doch die anderen stehen am Rand und mischen zumindest ein wenig mit Standard-Attacken mit, was eine schöne Art ist, um Balancing und Immersion unter einen Hut zu bringen. Außerdem könnt ihr passend zur angewachsenen Clique nun drei Party-Konstellationen abspeichern und diese abseits von Kämpfen bequem durchschalten.

Auch die Figuren auf der Ersatzbank leveln gleichberechtigt mit, wobei aber Levelaufstiege kaum auffallen (sie gehen auch in den Kampf-Benachrichtigungen unter, einen eigenen Level-up-Screen nach dem Kampf gibt es nicht). Wichtiger sind zwei Features, für die ihr Figuren aktiv spielen solltet. Nahe des Hauptpfades werden in großen Abständen Truhen mit einer neuen Waffe für ein Party-Mitglied platziert (verpasst ihr mal eine, könnt ihr die Waffe später bei Händlern kaufen). Und jede Waffe bringt dem Träger einen neuen Skill bei. Den müsst ihr im Kampf nutzen, damit er auch dauerhaft erlernt wird.

Außerdem sammelt eure Truppe durch den Einsatz ihrer Kampfwerkzeuge Waffenpunkte. Die investiert ihr in Zauberfibel-Läden oder entsprechenden Automaten in die individuellen Kodex-Skilltrees. Dort schaltet ihr vor allem sehr starke Synchro-Fähigkeiten frei, bei denen zwei Figuren gemeinsam mit einer aufwändigen Animation angreifen (ähnlich den Limit-Angriffen, es besteht also keine Gefahr, unterbrochen zu werden) und einen Sondereffekt auslösen, zum Beispiel eine stärkere Stufe des Limit-Angriffs aktivieren oder eine Zeit lang eine dritte ATB-Leiste verleihen. Die Synchro-Fähigkeiten waren auch das Highlight, denn ansonsten sind viele Perks darin durchaus nützlich für Builds, aber individuell mäßig spannend (drei Prozent stärkere Standard-Attacken oder drei Magiepunkte mehr zum Beispiel). Die ebenfalls dort freigeschalteten neuen Synchro-Attacken habe ich dagegen kaum genutzt. Diese kleinen Varianten von Duo-Manövern sind nicht im Taktik-Modus verfügbar, sondern müssen in Echtzeit beim Blocken ausgelöst werden. Allerdings hatte ich keinen Bedarf an noch mehr Optionen außerhalb der Zeitlupen-Sequenzen. Spannender als die Kodizes ist deshalb das gute alte, flexible Materia-System, mit dem ihr Zauber und andere Boni in Slots eurer Waffe und eures Rüstungs-Items einsetzt, wobei manche Effekte nur durch das Einsetzen von Materia-Kombinationen in verbundenen Slots aktiviert werden.

Neu ist auch ein rudimentäres Crafting, mit dem ihr Heiltränke, Ausrüstung und teils auch Quest-Items herstellt. Nebenher vom Rücken des Chocobo Kräuter zu sammeln brachte genug für Heil-Item-Nachschub. Allerdings war ich von den Ausrüstungsteilen wenig begeistert. Für die Erledigung mancher Weltaktivitäten gibt es als Belohnung Rezepte zur weiteren Verbesserung eigens gebauter Ausrüstung zu einer Plus-Variante, doch zumindest in den ersten beiden Welten waren die damit geschaffenen Stücke teils schlechter als im Laden gekaufte.

Da ich in den ersten zwei Zonen fast alle Aufgaben erledigte, waren Standard-Kämpfe daraufhin auf dem normalen Schwierigkeitsgrad leicht und schnell zu bewältigen. Mithin gibt es aber doch auch stärkere Gegnervarianten, bei denen ich gut auf die Deckung achten musste, um nicht massenweise Heil-Items zu verbrauchen. Die Bosskämpfe waren oft knackig und endeten teils beim ersten Versuch im Game Over, daher habe ich gewisse Zweifel, dass sich alle Nebenaufgaben ignorieren lassen. Das Spiel gibt euch für die Hauptabschnitte und optionale Quests eine Stufenempfehlung als Orientierung an. Alternativ könnt ihr auch im laufenden Spiel auf den leichten Schwierigkeitsgrad (nicht getestet) umschalten.

In Junon (Kapitel 4) habe ich die Nebenquests und viele Aktivtäten gemacht, wollte dann aber doch langsam, dass Clouds Truppe in ihrer Quest vorankommt und so blieben der optionale Weltboss und die Protosubstanz-Quest mit einem Minispiel, dass die PS1-Modelle der Figuren nutzt, unvollendet.

 

Icon-Tourismus in offenen Zonen

Wie eingangs erwähnt, habt ihr es beim Erkunden nicht mit einer klassischen Open World zu tun, sondern mit sehr ausladenden Hub-Zonen. Die Bewegung durch die Welt profitiert davon, dass ihr sowohl zu Fuß als auch auf dem Rücken eines Chocobos querfeldein reisen und über kleine Hindernisse springen könnt. Auch niedrige Vorsprünge sind kein Problem, aber da Höhenebenen auf der Karte nicht immer gut einzuschätzen sind, kann es euch auf dem Weg zu einem Zielpunkt passieren, dass doch ein Abhang zu steil ist und ihr einen Umweg nehmen müsst (ihr könnt einen Zielpunkt markieren, aber es gibt keine Wegfindungshilfe in Form einer Linie auf der Karte oder dergleichen). Klettern funktioniert nämlich nur an vorgegeben Wänden mit gelb markierten Kletterpunkten.

In jeder Zone erwarten euch rund eine Handvoll vollwertiger Nebenquests. Das heißt: In denen trefft ihr NPCs und meist hat eines der Party-Mitglieder ein gesteigertes Interesse an dieser spezifischen Aufgabe, sodass ihr im Laufe der Mission eine kleine weitere Facette an ihnen kennenlernt (und die Beziehung zu ihnen verbessert, was sich auf die Handlung auswirken soll). Zum Beispiel gilt es, einen Hund zum Sohn einer Auftraggeberin zu eskortieren. Während der Laufwege zwischen den obligatorischen Monsterkämpfen erzählt Cloud davon, wann er von zuhause fort ist. Barret meint darauf erst, er wird tapfer sein, wenn seine Tochter ausziehen will und fängt dann doch bald an, charmant überzeichnet zu weinen. An einer anderen Stelle sucht ihr Futter für einen Riesenkondor. Dafür gehe ich zu einem Punkt auf der Karte, lasse meinen Chocobo eine Fährte aufnehmen und durch erschwerende Umstände muss ich noch zweimal einer Fährte folgen (einer glänzenden Linie über dem Boden) und am Ende ein Monster besiegen. Letztlich laufe ich also auch da nur Icons oder Linien nach und schlage Kämpfe, aber die Interaktion mit Tifa, die über das Fliegen und den offenen Himmel nach all der Zeit im Schatten der Stadt Midgar nachdenkt, bettet das schön ein.

Daneben gibt es in jeder Region auch eine mehrstufige, narrativ eingebettete "Protosubstanz"-Quest. Diese und andere Nebenquests eröffnen teils eins von den vielen, vielen Minispielen in Rebirth (darunter das Nachspielen bekannter Serienmelodien auf dem Klavier). Ich hatte schon das Gefühl, nach der Kritik an den fehlenden Mini-Games in Final Fantasy 7 Remake hat Square Enix hier nun überkompensiert. Außerdem erwarten euch immer wieder Gegner für das Sammelkartenspiel "Blut der Königin", das ich tatsächlich als Auflockerung begrüßt habe, da es mit seinen einfachen, aber ausgefuchsten Regeln immer wieder für eine Partie gut ist. Neue Karten erhaltet ihr von bestimmten Gegnern oder durch Boosterpacks (ohne Zufalls-Element, jedes einmalige Pack zeigt vorab, wie die enthaltenen Karten heißen).

Die Mehrzahl der Aktivitäten in den Zonen sind aber Fleißaufgaben, die in den sogenannten Weltbericht einzahlen: Ihr sollt Türme aktivieren (die dann den Standort der anderen Aktivitäten einzeichnen), Altäre der lokalen Esper finden, Eulen zu Lebensquellen folgen, Schnellreisepunkte aktivieren und besondere Monster besiegen, wobei es sich meist um bekannte Gegner mit neuem Element oder anderen Spezialeffekten handelt. Optionale Zusatzziele bei diesen Kämpfen bringen etwas Motivation.

Habt ihr genug von diesen Gegnern erlegt, könnt ihr euch dann einem optionalen Boss stellen. Ob nun bei Quests oder Aktivitäten: Es fällt auf, dass die Spielwelt eine hübsche, aber statische Kulisse bleibt. Hier passiert euch nie überraschend etwas, nur hin und wieder müsst ihr einen Weg zum Ziel auskundschaften. Es gibt manch kleines, feines Detail in Sachen environmental storytelling, aber meine größte Überraschung war, als eine Nebenquest die Reise in frühere Zonen als Feature freischaltete. Die meiste Zeit markiert ihr also ein Icon auf der Karte, lauft dorthin und wisst in der deutlichen Mehrzahl der Fälle genau, was euch dort erwartet. Kurz gesagt: Es handelt sich um sehr altbackenes Open-World-Design, das ich für mich Icon-Tourismus getauft habe.

Die groben Regeln von Blut der Königin: Legt ihr Karten, polen sie angrenzende Felder in eure Farbe um, sodass ihr dort Karten legen könnt. Es gilt zum einen, sich nicht vom Gegner einmauern zu lassen. Zum anderen gibt es nur für den Siegpunkte, der die stärkeren Monster in einer Reihe versammelt hat. Durch Stärkungs- und Schwächungseffekte, Sondereigenschaften und vielfältige Muster, welche Felder eine gespielte Karte erobert, entspinnen sich mit der Zeit neue Taktiken.

 

Die Entdeckung der Langsamkeit

Je mehr Zeit ich mit Final Fantasy 7 Rebirth verbrachte, desto mehr fiel mir auf, dass sich gewisse Abläufe durch ihre Behäbigkeit unnötig zäh anfühlen. Das bereits erwähnte Klettern an Wänden erinnert optisch vielleicht an Uncharted, aber Cloud schwingt sich nicht flüssig von Greifpunkt zu Greifpunkt, sondern hopst mit beiden Händen an einen, wartet kurz, bevor es weiter zum nächsten geht. Das steuert sich auch hakelig und dauert so einen Tick zu lang. Andere Wände in der zweiten Zone erklimmt ihr nur mit einem Berg-Chocobo. Vor meinem geistigen Auge sah ich mich mit Affenzahn die senkrechte Steigung hinauf rasen (wie Ichiban im Fahrradkurier-Minispiel aus Like a Dragon - Infinite Wealth ), doch in der Praxis nimmt diese Aktion jedes Tempo raus, während der Chocobo sich langsam mit seinen Krallen die Wand hinaufarbeitet. Bei Weg hinab immerhin rutscht der Chocobo flott die glattgemeißelte Wand hinunter.

 

Berg-Chocobo flitzen leider nicht flott diese Wände hoch, sondern müssen langsam mit ihren Krallen klettern.

Findet ihr einen Esper-Altar, müsst ihr euch vier Tasten merken und im richtigen Timing drücken. Bei Lebensquellen müsst ihr dagegen stumpf bei einem Quick-Time-Event drei mal im richtigen Moment Dreieck drücken. Nicht nur das zieht diese Fleißaufgabe nur in die Länge, ohne sie spaßiger zu machen, danach meldet sich auch Auftraggeber Chadley. Teils hat er amüsante Neckereien mit seiner Assistentin Mai, aber meist gibt er nur sehr banales von sich, aber jedes Mal mit Animation, wie Cloud seinen Anruf auf dem Bildschirm eines Handscanners entgegen nimmt und dann in Großaufnahme, sodass ich nicht in der Zeit schon wieder meines Weges gehen oder das reichhaltig vorhandene Craftingmaterial rund um Lebensquellen aufsammeln kann.

Auch im Zuge der Hauptgeschichte werdet ihr die Phasen auffälliger Langsamkeit zu spüren bekommen. Hakelig ist auch das  Schleichen im Schneckentempo und dennoch haben es die Entwicklerinnen und Entwickler selbstbewusst mehrfach eingebaut. In neuen Zonen müsst ihr verpflichtend einen neuen Chocobo fangen (wobei der Weg zum neuen Reittier als kleiner Hindernisparcours designt wurde). Auch in manchen Quests müsst ihr Wachen umgehen. In Dungeons seufzte ich auch manchmal auf, wenn ich einen Wagen auf Rollen entdeckte, denn die Figuren schieben den zwar der Animation nach zu urteilen wie einen mäßig beladenen Einkaufswagen, aber in einem Tempo, als wöge er Tonnen (was bei Minenloren meist auch der Wahrheit näher kommen dürfte).

Das Verschieben von Wägen auf Rollen ist eine von mehreren unnötig langsamen Interaktionen.