So kommt die Historie ins Videospiel

Spiel mit der Geschichte Report

Hagen Gehritz 7. Mai 2022 - 14:00 — vor 1 Jahr aktualisiert
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Im Romance-Modus von Total War - Three Kingdoms sind historische Feldherren übermächtige Einzelkämpfer. Im klassischen Modus treten sie wie üblich in der Serie als Generäle mit Leibwachen auf.
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Geschichte und Mythos bei Total War

Der britische Entwickler Creative Assembly hat mit der Total-War-Serie seine eigene Nische im Strategie-Segment geschaffen. Sie setzt auf einen Mix aus opulenten Echtzeit-Schlachten und Rundenstrategie auf der Weltkarte. Seit dem Erstling Shogun - Total War im Jahr 2000 haben die Entwickler schon diverse Epochen zum Leben erweckt: von der römischen Antike über die Zeit der drei Reiche in China, das Mittelalter bis hin zur Frühen Neuzeit im eingangs erwähnten Total War - Napoleon. In jüngerer Vergangenheit fand ein Wandel innerhalb der Reihe statt. Total War - Three Kingdoms bot einen klassischen, authentischen Modus, aber auch einen an den berühmten Roman angelehnten "Romance-Modus" mit  übermenschlich starken Kommandeuren. Ähnlich entschied man sich bei A Total War Saga - Troy dafür, neben dem klassischen Modus einen Mittelweg zwischen Historie und Sagenwelt anzubieten.

 
Todor Nikolov

Todor Nikolov ist langjähriger Mitarbeiter bei Creative Assembly Sofia und war Associate Game Director bei A Total War Saga - Troy.
Wir haben Associate Game Director Todor Nikolov gefragt, wie Creative Assembly in Troy vorging, um die Bronzezeit in der Ägäis authentisch einzufangen: „Unser Recherche-Prozess wird strukturierter, je weiter wir kommen – besonders bei Epochen, die uns noch neu sind. Für die Bronzezeit in Troy begannen wir mit freier Online-Recherche und durchwühlten historische, archäologische und literarische Quellen.“ Das war die Besonderheit von Troy: Bei der Darstellung des berühmten Krieges, den es in der Form ziemlich sicher nie gegeben hat, verband man wissenschaftliche Erkenntnisse mit der bekannten Homer'schen Dichtung. Dabei verfolgte das Team die Idee von der "möglichen Wahrheit hinter der Legende", sodass beispielsweise aus dem Minotaurus ein Hüne mit Stierkopfhelm wurde. Erst der spätere Mythos-DLC brachte die volle Ladung von Sagenmonstern mit Hydras und Co., und erinnert deutlich an die Warhammer-Ableger der Reihe.
 
Die Recherche zu fantastischeren Elementen unterscheide sich dabei nicht grundlegend von der Jagd nach historischen Fakten, so Nikolov. Spielerisch wurden die Erkenntnisse und Erzählungen zu Troja in verschiedene Siegoptionen bei der Belagerung der Stadt gemünzt: Eine lange Belagerung ist ebenso möglich wie der Bau des trojanischen Pferds, wenn ihr die Fraktion von Odysseus spielt. Ihr könnt aber auch zuschlagen, wenn Troja nach einem Erdbeben für kurze Zeit angreifbar wird. Häufige Erdbeben dort sind sowohl eine Anlehnung an Poseidons Hass auf die Stadt in der Literatur, als auch an den aktuellen Wissensstand zum zivilisatorischen Zusammenbruch in der Ägäis zu jener Zeit, bei dem einer Häufung von Erdbeben eine große Rolle beigemessen wird.
 
Es komme letztlich immer darauf an, das gesammelte Wissen wohlüberlegt ins Spiel einfließen zu lassen, sagt Nikolov. Auch eine Hydra müsse sich sinnvoll ins Gameplay und im Verhältnis zum Rest der Truppen einfügen. Historiker kontaktiert Creative Assembly, sobald die Grundvision für das jeweilige Spiel feststeht. Ihr Feedback zeigt dem Team dann, ob es auf dem richtigen Weg ist, ob sich falsche Vorstellungen bei der Darstellung bestimmter Aspekte eingeschlichen haben und ob nützliche Quellen übersehen worden sind.
Troy zeigt an verschiedenen Stellen Illustrationen im Stile von griechischen Vasenmalereien. Laut Nikolov sollte das auch etwas vom Flair des klassischen Altertums beitragen, das Spieler bei der Thematik erwarten, obwohl Troy in der Bronzezeit angesiedelt ist.
 

Wie war denn so die Bronzezeit?

Wie weit Creative Assembly schon früher bei der Recherche gegangen war, zeigte sich etwa bei der Einbindung der Horos, ballonartiger Wappen-Konstruktionen auf dem Rücken von Kriegern. Diese irritierten in Total War - Shogun 2 viele Spieler, weil sie nicht zu dem passten, was sie aus diversen Samurai-Filmen kannten. Hobby-Historiker in den Foren lobten die Horos hingegen als authentisches Detail.

Auch für Troy bildeten die recherchierten Daten und visuellen Referenzen die Grundlage. Dennoch versuchen Nikolov und seine Kollegen immer, die Erwartungshaltung der Spieler im Hinterkopf zu behalten. Der Film Troja mit Brad Pitt ist historisch alles andere als glaubwürdig, lieferte aber tolle Kampf-Choreographien, von denen sich die Animatoren inspirieren ließen – so gibt es Achills berühmten "Sprungangriff aus dem Sprint heraus" als Special Move für den gleichnamigen Helden.

Andererseits war dem Team klar, dass viele Spieler ein Bild von griechischen Kriegern haben würden, das aus dem gern aufgegriffenen peloponnesischen Krieg stammt, auch wenn die Schlacht um Troja deutlich früher stattgefunden haben könnte – eben in der Bronzezeit. Daher richtet sich das Design der Truppen auf dem Schlachtfeld mehr nach archäologischen Funden, das Interface dagegen zeigt Illustrationen, die von klassischen griechischen Vasen inspiriert sind. "In der Schlacht siehst du, wie es in der Bronzezeit zuging und im Interface, wie es sich die späteren Griechen vorstellten", erklärt Nikolov.
 
Allgemein war es für das Team knifflig, Bronzezeit-Schlachten mit den herkömmlichen Mitteln der Total War-Serie spielbar zu machen. Die Reihe setzt stark auf die Positionierung und den getimten Einsatz von Infanterie, Fernkämpfern und Kavallerie. Nur existierten berittene Einheiten zu jener Zeit in der Ägäis kaum. Daher musste das Team die Infanterie spielerisch diversifizieren, in leichte, mittlere und schwere Einheiten. Und es tauchen dann eben doch einige Kavalleristen und Streitwagen als Truppentypen auf, die es historisch wohl eher nur vereinzelt gab, etwa für die Anführer einer Armee. In Sachen „Wahrheit hinter den Legenden“ wurde eine Interpretation gewählt, wonach die Vorstellung von Amazonen (also Kriegerinnen, die sich eine  Brust amputierten, um besser mit dem Bogen schießen zu können) auf skythische Nomaden zurückgeht. Und dass die mythischen Zentauren (Pferdemenschen) auf meisterlichen berittenen Kämpfern basieren könnten, die entsprechend Eindruck auf die nicht an Reiterei gewöhnten Zeitgenossen machten.
 
Der Historiker Eric Cline, dessen Bücher bei der Recherche zu Troy zum Einsatz kamen, zeigte in einem Interview auf dem Blog von Creative Assembly viel Verständnis dafür, dass in letzter Instanz das Gameplay über die Historie obsiegt. Andere spiele-affine Historiker reagierten in ihren Blogs empfindlicher – etwa auf die Freiheiten bei der Darstellung der Helden. In der Tat verweist auch Nikolov in unserem Interview darauf, wie Odysseus passend zu Ilias-Textstellen einen Helm aus Keilerstoßzähnen trägt. Das letztliche Design des Helms nimmt sich aber doch größere Freiheiten im Vergleich zu entsprechenden Helmen aus Museen.
Der Lederhelm des Odysseus ist laut der Illias durch eine Schicht aus Keilerstoßzähnen verstärkt. Die Designer griffen das auf, interpretierten es aber frei.


Näher dran = besseres Spiel?

Eine Eigenheit bei Strategiespielen ist die Distanz. In vielen Titeln spielt ihr abstrakte Entitäten an der Spitze einer Nation, trefft gottgleiche Entscheidungen oder solche, die in Wahrheit auf sehr viele Köpfe oder Institutionen verteilt waren. Römische Imperatoren hatten nun mal keine Satellitenaufklärung oder Funkgeräte, mittelalterliche Potentaten konnten meist nur ihr direktes Umfeld halbwegs kontrollieren – und mussten ansonsten hoffen, dass ihre Lehnsfürsten halbwegs auf Linie blieben.

Crusader Kings 3 von Paradox setzt zwar auf ein ausgeprägtes Rollenspiel-Element und simuliert ein Beziehungsgeflecht aus Herrschern und ihren Familien, doch auch wenn aus dieser mit narrativen Zufallsevents gespickten Mechanik heraus viele spannende oder skurrile Geschichten entstehen: Als Spieler schwebt stets euer allwissender Blick über die ganze Landkarte, und ihr habt den Vorzug, in Statistiken genaue Werte präsentiert zu bekommen, statt etwa die Loyalität eines Untertanen nur grob zu schätzen.

Das 1989er Kriegsspiel Waterloo von Peter Turcan nahm es mit der historischen Wirklichkeit genauer: Darin blickt ihr als Napoleon stets nur vom Feldherrenhügel auf das Schlachtfeld und seine aus zweifarbigen Klötzchen gebildeten Armeen. Befehle müsst ihr per Meldereiter an die Divisionskommandeure schicken. Ob und wann der Reiter ankommt, ob der General dann eure Text-Order (in der ungefähren Art von "Jérôme, form an attack line on Hougoumont, linking with Reille on the west flank") auch wirklich umsetzen kann oder mag – liegt in der Hand der KI. Die Erfahrung war, so ein spontan befragter interner Kenner des Spiels in der Redaktion, nicht unbedingt die spielerisch beste – das Gefühl von Kontrolle wollte sich nie so recht einstellen. Mit anderen Worten: Peter Turcan gelangen mit Waterloo, Austerlitz und Borodino Werke, die uns die Zwänge und Kontrollprobleme damaliger Kommandeure authentisch vermittelten (wenngleich ohne die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des berüchtigten Korsen) – aber keine sonderlich guten Spiele. Auch die "Generalskamera" bei Total War, die euch optional stark in dem einschränkt, was ihr vom Schlachtfeld sehen könnt, gilt nicht als die beliebteste Funktion der Serie.

Age of Empires 4 versucht auf andere, spielspaßerhaltende Art, die typische Distanz in Strategiespielen zu überwinden. Und zwar mit dem Feature „Hands on History“: In Zusammenarbeit mit der Produktionsfirma Lion TV wurden aufwendige kleine Doku-Filme gedreht, die Kontext zu Schlachten geben oder vom Großen ins Kleine gingen, indem Experten von der Herstellung von Bögen, Malerarbeiten in Burgen und mehr berichteten. So konnte man faszinierende Einblicke in die mittelalterliche Kriegsführung gewinnen – allerdings eben nur begleitend. Die Doku-Schnipsel sowie moderne Drohnenaufnahmen von Burgen, in die dann Soldaten-Silhouetten hinein animiert wurden, konnten jedoch eines nicht verhindern: Dem Spiel mangelte es durch seine große Zeiträume umspannenden Kampagnen mit wechselnden Protagonistengenerationen am wichtigen Faktor Mensch. So siegte Age of Empires 4 im Detail, verlor jedoch beim Blick aufs Ganze.
Die Produktion der "Hands on History"-Dokufilme für Age of Empires 4 war lange vor der Entwicklung des Spiels abgeschlossen. So kam es dazu, dass ein Beitrag zu Brandpfeilen die Entwickler inspirierte, diese als Technologie ins Spiel zu integrieren.
Hagen Gehritz Redakteur - P - 177962 - 7. Mai 2022 - 13:55 #

Endlich könnt ihr ihn auch lesen. Viel Spaß dabei!

Danywilde 30 Pro-Gamer - P - 163010 - 8. Mai 2022 - 14:51 #

Danke, darauf habe ich mich schon sehr gefreut. Ich werde ihn morgen Nachmittag genüßlich lesen!

Edit: ich habe den Report jetzt gelesen und er hat mir wirklich sehr gut gefallen. Lieber Hagen, das hast Du sehr gut gemacht.

So etwas würde ich gerne öfters hier lesen. War das noch eine Gegenleistung aus einer Weihnachtsaktion oder ist er so entstanden?

Hagen Gehritz Redakteur - P - 177962 - 8. Mai 2022 - 15:42 #

Das ist der Weihnachtsaktions-Report, für den ihr früher in diesem Jahr bei der Umfrage mit drei möglichen Themen mehrheitlich für den Historien-Artikel abgestimmt habt. =]

J.C. 16 Übertalent - 5226 - 7. Mai 2022 - 14:18 #

Absolut klasse, vielen Dank!

kurosawa 13 Koop-Gamer - 1236 - 7. Mai 2022 - 15:10 #

super artikel. gerne mehr davon, welche die hintergründe des entstehens eines spiels beleuchten.

Olphas 26 Spiele-Kenner - - 66927 - 7. Mai 2022 - 16:23 #

Sehr schöner Artikel! Da hat sich das warten doch gelohnt :)

Crizzo 20 Gold-Gamer - - 24446 - 7. Mai 2022 - 16:32 #

Toller Artikel, danke dafür Hagen! :)

rammmses 22 Motivator - P - 32707 - 7. Mai 2022 - 16:39 #

Super Report! Gerade in der Pause bei einer Tasse Kaffee gelesen. Forgotten City habe ich selbst gern gespielt und ich muss als jemand, der das alte Rom vor allem aus Historien-Filmen kennt, sagen, dass mir die extremen Feinheiten wohl gar nicht aufgefallen sind. Außerdem finde ich es geradezu absurd, dass man sich sogar um die Farbe der Möhren gekümmert hat, wenn das ganze Spiel -

ACHTUNG SPOILER

sich später als von-Däniken'scher Alien-Esoterik-Sci-Fi-Mumpitz entpuppt.

SPOILER ENDE

Bei Assassin's Creed finde ich es extrem schade, dass das Kompendium mit den Hintergrund-Infos bzw. überhaupt "Geschichte zum Mitspielen" nach und nach komplett gestrichen wurde. Gerade Teil 3 oder Unity taugen ja quasi als Geschichtsunterricht mit den ganzen historischen Ereignissen, die man sozusagen "live" miterlebt und dann direkt im Spiel nachlesen kann, wer die Leute wirklich waren und zu jedem Gebäude eine kleine Geschichte bekommt. Davon ist gar nichts mehr übrig, auch weil die Reihe zunehmend, mittlerweile ja komplett, im Fantasy-Mythologie-Genre angekommen ist. Ja, es gab noch diesen Discovery-Modus, aber losgelöst vom eigentlichen Spiel finde ich das nicht mehr so spannend´, zumal das erst zig Monate nach Release kam.

ds1979 21 AAA-Gamer - P - 25294 - 7. Mai 2022 - 17:36 #

Also ich hatte das Wissen von alten Rom aus meiner ersten Lebenshälfte ausschließlich aus Sandalenfilmen und wurde dann über eine örtlichen Römerverein ( was es nicht für Vereine gib) über die Antike aufgeklärt. Im Zweifelsfall bevorzuge ich weiterhin die Sandalenlore, wer will schon die Realität wenn er solch ein Spektakel haben kann?

AlexCartman 20 Gold-Gamer - 22087 - 8. Mai 2022 - 11:49 #

Ich halte ja immer noch das Rom aus den Asterix-Bänden für die definitive Version.

Elfant 25 Platin-Gamer - 63208 - 9. Mai 2022 - 17:51 #

Bei AC 3 bin ich noch bei Dir, aber Unity hat da schon zu deutliche Schwächen.

10vorne 14 Komm-Experte - P - 2165 - 7. Mai 2022 - 23:25 #

Toller Report, genau mein Ding!

marcw11 15 Kenner - - 3945 - 8. Mai 2022 - 9:03 #

Großartiger Artikel. Gerne mehr in der Art.
Fand damals Waterloo total spannend, aber die reale Spielbarkeit hat es dann relativ bald wieder auf den Stapel verbannt.

toreyam 27 Spiele-Experte - P - 83685 - 8. Mai 2022 - 9:31 #

Wow, ich glaube da steckt richtig viel Arbeit drin. Super Report, vielen Dank Hagen für das Aufdröseln des Themas, damit es Leser wie ich (eher mäßig bewandert in Geschichte) nachvollziehen und etwas dazulernen können.

TSH-Lightning 26 Spiele-Kenner - - 65107 - 8. Mai 2022 - 10:00 #

Toller Artikel mit interessanten Einblicken. Irgendwann muss ich dann The Forgotten City auch mal nachholen, aber vorher steht auch noch Expeditions - Rome auf der Liste. Die Geschichte ist für mich bei RPGs oft ein wesentlicher Grund dafür, ob man in das Spiel eintauchen kann. Wie im Artikel genannt, will ich als Spieler das Zeitalter oder die Mythologie spielerisch erleben und nicht etwas historisch perfektes haben was keinen Spaß macht; hat bei mir mit Assassin's Creed Odyssey sehr gut funktioniert.

AlexCartman 20 Gold-Gamer - 22087 - 8. Mai 2022 - 11:57 #

Ich habe mich gerade durch zwei dicke Wälzer zum 1. und 2. Weltkrieg geackert. Den Hinweis, dass es zu historischen Ereignissen keine definitive Geschichtsschreibung gibt, finde ich wichtig. Jeder Historiker muss schon aus Gründen der Praktikabilität kürzen und auswählen, und dabei entstehen natürlich Lücken und/oder Tendenzen in der Berichterstattung. Davon, dass immer mal wieder neue Originalquellen auftauchen oder alte als falsch/gefälscht entlarvt werden, ganz zu schweigen. Und nicht ganz zuletzt sind auch Zeitzeugen oft nicht zuverlässig, als Beispiel seien da nur die Prozesse gegen hochrangige Offiziere der Nazis genannt, in denen die Angeklagten natürlich genau wussten, dass ihre wahrheitsgemäßen Aussagen ihnen oft den Strick einbringen würden.

Maestro84 19 Megatalent - - 18513 - 8. Mai 2022 - 12:32 #

Nicht zu vergessen sind politische Überzeugungen von Historikern. Über Jahrzehnte war so die Sicht auf den Ersten und Zweiten sehr angelsächsisch geprägt, natürlich gab es da direkte Linien vom preußischen Militarismus über die Alleinschuld der Deutschen am Ersten Weltkrieg direkt zu Hitler. Sogar deutsche Historiker haben diese Sichtweise, vielleicht auch aufgrund der eigenen Karriere, lange geteilt. Dass Kritik an dieser Sichtweise noch in den 2010ern für Aufregung sorgte, ist ja bezeichnend, wie emotional Geschichte noch Jahrhunderte später beurteilt wird.

Harry67 20 Gold-Gamer - - 24510 - 8. Mai 2022 - 19:07 #

Bei den deutschen Historikern gibt es auch sehr unterschiedliche Richtungen. Ich bin am besten mit der bürgerlichen Linie gefahren: K.D. Erdmann, K.D. Bracher eher konservative Historiker, die durch eine angenehme Zurückhaltung auffallen.

Hagen Gehritz Redakteur - P - 177962 - 8. Mai 2022 - 12:49 #

Quellenkritik war für mich eines der spannendsten Elemente des Geschichtsstudiums und die Reflexionen zu Kontexten, Perspektiven und Intentionen sind durchaus allgemein fürs Leben nützlich.

Ich habe mir nur das Nötigste an Latein draufgeschafft, was eigentlich schon sehr ungünstig für einen guten Teil der europäischen Geschichte ist. Der Vergleich von übersetzten lateinischer Quellen offenbart teils überraschend unterschiedliche Interpretationen durch die Übersetzer. Wenn man dann wiederum schaut, wie sich bei der Geschichte des Altertums erhaltene Quellen offenbar bei nicht erhaltenen Texten bedienen, wie viel Zeit zwischen eigentlichen Ereignissen und den Aufzeichnungen dazu liegen und welche Philosophien bspw. antike Geschichtsschreiber antrieben (ich musste einmal lachen, als ich in einer Quelle las, der spätere römische Diktator Sulla habe im Bürgerkrieg Infos genutzt, die er durch das Verhör eines Satyrn erhielt), bin ich umso froher um jede archäologische Erkenntnis.

euph 30 Pro-Gamer - P - 130335 - 8. Mai 2022 - 12:23 #

Sehr schöner Report. Danke dafür.

Noodles 26 Spiele-Kenner - P - 75656 - 8. Mai 2022 - 13:46 #

Wirklich ein gelungener Report, war interessant und hat Spaß gemacht zu lesen. :)

Rohrkrepierer 18 Doppel-Voter - - 12891 - 8. Mai 2022 - 17:16 #

Danke für diesen üppigen Report. Er steht auf meiner Leseliste für die nächsten Abende.
Wen das Thema Geschichte und Videospiele interessiert, es gibt eine Dokureihe von ARTE namens HISTORY‘S CREED, die sich in knackigen Kurzfolgen mit vielen Aspekten der Geschichte und ihres Umgangs in Videospielen beschäftigt.

Harry67 20 Gold-Gamer - - 24510 - 8. Mai 2022 - 21:58 #

Toller Report, danke dafür.
Ich denke, es ist wie beim wohligen Erschauern, wenn man beim Besichtigen einer Burg vor den realen mittelalterlichen Folterinstrimenten steht. Alleine das Gefühl,dass ein Setting so oder ähnlich tatsächlich stattgefunden hätte, erzeugt schon eine sehr immersionsdienliche Intensität.

Deklest 13 Koop-Gamer - 1553 - 8. Mai 2022 - 22:48 #

Ein Hammer guter Report. Ich bin sehr erfreut, dass ich das lesen durfte.

Edelstoffl 16 Übertalent - P - 5424 - 8. Mai 2022 - 23:32 #

Spitzen- Report! Danke dafür! Lustigerweise habe ich seinerzeit auch auch erwägt, meine Abschlussarbeit im Geschichtsstudium über historische Elemente in PC-Spielen zu schreiben, es aber für Propaganda im WKI verworfen. Gerne mehr solche Beiträge.

Tasmanius 21 AAA-Gamer - - 28892 - 9. Mai 2022 - 13:59 #

Aber wäre das nicht viel interessanter gewesen? Propaganda im ersten Weltkrieg scheint mir ein viel bestellter Acker.

Edelstoffl 16 Übertalent - P - 5424 - 10. Mai 2022 - 7:10 #

Ich hab das Thema lokal aufgezogen, da ich im Archiv meiner Heimatstadt auf jede Menge Quellen gestoßen bin.

thoohl 20 Gold-Gamer - - 23679 - 10. Mai 2022 - 16:33 #

Klingt spannend. Wie muss ich mir das vorstellen, klassische manipulation, wussten sie es eigentlich besser und haben getäuscht...?
Ich kenne spontan nur diese Plakate...

Edelstoffl 16 Übertalent - P - 5424 - 10. Mai 2022 - 23:07 #

Wäre eine viel zu umfassende Antwort. Aber zusammenfassend gesagt, war die Kriegsbegeisterung bei weitem nicht so groß, wie in den Medien oft dargestellt und in der Erinnerugskultur verankert. Interessant auch der Blick auf verschieden Bevölkerungsgruppen: Sozis/Konservative, Männer/Frauen, Katholiken/Protestanten/ Juden, Da ich mich auch mal sehr mit Antisemitismus im Kaiserreich befasst habe, war hier die sog. "Judenzählung im Deutschem Heer" sehr interessant.Insgesamt war die Propaganda natürlich verfälschend und manipulierend - wie das nun mal so ist. Wir sehen's ja gerade selbst beim Blick auf Russland.
Sehr faszinieret war ich aber, dass sich die deutsche Propaganda im Vergleich zur Entente regelrecht harmlos darstellte. Dort fand eine regelrechte systematische Entmenschlichung des Kriegsgegnersstatt - ein Bild, welches bis heute noch im Kollektivgedächtnis der betroffenen Nationen nachwirkt.

Tasmanius 21 AAA-Gamer - - 28892 - 11. Mai 2022 - 20:41 #

Oh ja, das ist natürlich spannend :-). Ich finde, sobald ein lokaler Bezug hergestellt ist, zu Orten, die man kennt, vielleicht zu Personen, die irgendwie mit dem eigenen Stammbaum interagiert haben, wird Geschichte irgendwie viel konkreter und "näher".
Danke für die Auskunft!

Hermann Nasenweier 21 AAA-Gamer - P - 26409 - 9. Mai 2022 - 0:09 #

Schöner Artikel, da hat sich Hagen echt viel Arbeit gemacht.

Kühlschrankmagnet 10 Kommunikator - 520 - 9. Mai 2022 - 11:01 #

Der kursorische Streifzug durch dieses interessante Gebiet war mir eine sehr willkommene Abwechslung vom üblichen Einerlei und hat bestimmt auch viel Arbeit gemacht, umso bedauerlicher finde ich das nur mäßige Abschneiden des Artikels in der Publikumsgunst.

Vielleicht wächst ja noch Interesse nach, wenn sich die Kommentare füllen. Vielleicht kann man das Thema aber auch durchschnittslesergemäßer aufbereiten, indem man nicht alle Inhalte in einen Textkörper kippt, sondern sie nach Aspekten portioniert und in jeweils gesonderten Artikeln in einer Serie von Einseitern bringt.

Cpt. Metal 17 Shapeshifter - P - 8376 - 9. Mai 2022 - 11:06 #

Sehr schöner Artikel, vielen Dank!

xan 18 Doppel-Voter - P - 11657 - 9. Mai 2022 - 11:06 #

Sehr schöner Artikel dessen Herzblut und Privatinteresse spürbar ist.

Hat sich ja nicht mehr all zu viel getan in der Geschichtswissenschaft seit ich meinen Abschluss habe, wenn auch "nur" als Nebenfach.

Mich würden als Spinoffs die Interviews mit den Gesprächspartner reizen.

Gerne mehr solcher tiefer recherchierten Reports. Vielleicht für sowas mal ein Crowdfunding statt für ein Let's Play?

So, jetzt muss ich aber zurück an die Arbeit und Wissen ausm Boden holen.

Danywilde 30 Pro-Gamer - P - 163010 - 9. Mai 2022 - 11:26 #

Siehe dazu meine Userfrage im MoMoCa.

xan 18 Doppel-Voter - P - 11657 - 9. Mai 2022 - 12:49 #

Ah, Danke für den Hinweis. Werde ich direkt mal reinhören.

Hagen Gehritz Redakteur - P - 177962 - 9. Mai 2022 - 14:36 #

Danke! Zum Stand des Fachs: Im Report ging es um einen Eindruck vom allgemeinen Forschungsansatz. Der ist immer noch aktuell. Mehr hätte zu weit geführt, aber da reift schon manches, was interessant zu werden verspricht, zum Beispiel im Feld der digitalen Methoden. Habe da delbst ein wenig helfen dürfen, Datenbanken zu füllen, die als Grundlage für quantitative Sozialstudien dienen können.

Viel Spaß/Erfolg beim Buddeln!

xan 18 Doppel-Voter - P - 11657 - 9. Mai 2022 - 15:21 #

Klingt spannend und kannst mir gerne, wenn du magst, mehr dazu schreiben. Hier oder per PN oder auch gar nicht :)

Superkeks 13 Koop-Gamer - P - 1356 - 10. Mai 2022 - 11:34 #

Noch ein "Stoindlkramer" hier?

Sven Gellersen 23 Langzeituser - - 45137 - 9. Mai 2022 - 11:54 #

Toller Artikel, danke dafür!

bluemax71 18 Doppel-Voter - - 10020 - 9. Mai 2022 - 12:44 #

Hallo Hagen. Ich hatte leider erst heute Zeit deinen Artikel zu lesen. Sehr interessanter Einblick, toller Artikel. Da ich mich als Geschichtsfan sehe genau mein Ding. Vielen Dank.

rofen 16 Übertalent - P - 4255 - 9. Mai 2022 - 19:28 #

Toller Artikel!

Edelstoffl 16 Übertalent - P - 5424 - 10. Mai 2022 - 7:15 #

Interessant, wieviel Historiker sich auf GG tummeln - ist das Zufall? :) Generell glaube ich wahrzunehmen, dass Kulturwissenschaftler auch gerne zocken. Gibt's da einen Zusammenhang? Die gemeinsame Lust am Eskapismus? Wär mal ein Forschungsprojekt ;)

Superkeks 13 Koop-Gamer - P - 1356 - 10. Mai 2022 - 11:31 #

Endlich Zeit gefunden, in Ruhe diesen tollen Artikel zu lesen. Man merkt, dass du viel recherchiert hast und vor allem hast du den Inhalt gut strukturiert und aufbereitet (gerade Faktencheck vs. Spielmechanik). Als aktiver "Archaeogamer" hab ich mich ganz wohl gefühlt.

Sokar 24 Trolljäger - - 48438 - 10. Mai 2022 - 16:42 #

Super Artikel, da steckt viel Arbeit drin. Und Fachwissen. Viele von den Referenzen außerhalb der Spiele kannte ich nicht, hab aber auch Informatik studiert ;)
Als jemand, der sich auch für Geschichte interessiert, fand ich den Blick hinter die Kulissen super, wie die Entwickler an diesen Aspekt rangehen - und das sowohl bei kleiner Indie-Produktion als auch große AAA-Spiele (Spoiler: wir können uns kein Team zur historischen Recherche leisten ;)

Shake_s_beer 19 Megatalent - - 19084 - 10. Mai 2022 - 21:43 #

Ein sehr interessanter und toll gemachter Report! Habe es leider erst jetzt geschafft, ihn zu Ende zu lesen. Für mich -als jemand mit BA-Abschluss in Geschichte - war da viel spannendes zu lesen . Danke , Hagen!
Wie viele andere User würde ich mir solche spannenden Reports auch häufiger wünschen. Aber ich verstehe auch, dass das schwierig möglich ist. :)

Jörg Langer Chefredakteur - P - 470619 - 11. Mai 2022 - 10:58 #

Ja, die längeren Reports sind schwierig, aber bei so positivem Feedback wie hier fällt es uns leichter, bei Gelegenheit den nächsten anzugehen :-)

Mr.Blonde 13 Koop-Gamer - P - 1421 - 12. Mai 2022 - 14:07 #

Sehr guter Artikel!

Jürgen (unregistriert) 17. Mai 2022 - 20:11 #

Ich habe gerade erschreckt festgestellt, dass ich hier noch gar keinen Kommentar hinterlassen habe. Klasse Artikel. Mit viel Liebe und Details gespickt, ohne langweilig zu werden. Ich habe bei Hintergrund-Artikeln (nicht nur auf GG) oft das Gefühl, dass das Thema nur angerissen wurde. Hier nicht. Es bleiben keine Fragen offen. Vielen Dank!

rgru0109 14 Komm-Experte - P - 2695 - 17. Mai 2022 - 18:40 #

Toller Artikel, danke dafür!

Alain 24 Trolljäger - P - 49893 - 26. Mai 2022 - 23:37 #

Hab den Artikel jetzt erst lesen können. Grandios! Wirklich schöner Artikel.

Gekko Goodkat 20 Gold-Gamer - - 23828 - 30. Mai 2022 - 10:39 #

Vielen Dank für den großartigen und super recherchierten Report. Ich freue mich immer, wenn beim Spielen auch "neue" Fakten über Vergangenes hängen bleiben.
Inhalte wie die Discovery Touren verdienen meiner Meinung nach soviel mehr Aufmerksamkeit.

euph 30 Pro-Gamer - P - 130335 - 1. Juni 2022 - 7:06 #

Der Artikel wird lobend und mit Link im neuen Stay Forever Newsletter erwähnt.

TheRaffer 23 Langzeituser - P - 40432 - 6. Juli 2022 - 11:23 #

Endlich zum ausgiebigen Lesen gekommen. Ein sehr schöner Artikel, fand ich interessant :)