Children of the Sun

Children of the Sun Test+

Bullet-Time-Rätselei

Hagen Gehritz / 9. April 2024 - 22:11 — vor 3 Wochen aktualisiert
Steckbrief
PC
Action
Puzzle-Action
René Rother
Devolver Digital
09.04.2024

Teaser

In dem deutschen Indie-Titel räumt ihr als Scharfschützin mit einem Kult auf. Nur eine Kugel muss alle Gegner fällen und so entsteht in Wahrheit Rätsel- statt Ballerspaß.
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Alle Screenshots und Spielszenen stammen von GamersGlobal
Kurztests sind unser Format, um euch kompakt über Spiele zu informieren, die sonst vielleicht unter den Tisch fallen würden.


Im vom deutschen Entwickler René Rother geschaffenen Rätsel-Shooter Children of the Sun schlüpft ihr in die Haut von dem "Mädchen", wie die Protagonistin in der Spielbeschreibung nur genannt wird. Children of the Sun selbst hat wenig Text. Vor allem lassen kurze, wortlose Mini-Cutscenes deutlich erahnen, warum sie eine Rechnung mit dem Kult Children of the Sun und ganz besonders dessen Anführer offen hat. Das bildet die lose Rahmung für die über zwei Dutzend Levels, in denen ihr stets mit einem Scharfschützengewehr alle Gegner ausschaltet. Die Besonderheit: In jedem Level habt ihr nur einen Schuss. Allerdings hat die Protagonistin übernatürliche Kräfte und kann damit die Kugel auf ein neues Ziel abfeuern, nachdem sie ein Ziel getroffen hat. 

Mit diesem Kniff offenbart sich das wahre Gesicht von Children of the Sun. Wie René Rother selbst im GamersGlobal-Interview sagte: "Es ist ein Puzzle-Spiel, aber ich verstecke, dass es eines ist." In diesem Kurztest verrate ich, warum sich die positiven Eindrücke aus meiner Preview bestätigt haben.
Mit der mittleren Maustaste markiert ihr Kultisten oder andere valide Ziele wie Gastanks.
 

Kultverdächtig

Nah an die Ziele kommt ihr nicht heran. Ihr könnt euch nur eingeschränkt auf einem vorgegebenen Pfad bewegen, Kultmitglieder markieren, Zoomen und abdrücken. Auch wenn die geduckte Haltung des Mädchens an Stealth-Shooter denken lässt: Feinde können euch nicht entdecken und Alarm schlagen. Die eigentliche Überlegung fließt also in die Planung der Flugbahn, da ihr nicht ohne Sichtlinie auf die nächste “Haltestelle” für eure Kugel dastehen dürft. Prallt das Projektil an der Levelgrenze oder einem Objekt ab, heißt es "Failed" (oder in der deutschen Version "Verkackt") und der Level geht von vorn los. Alle getroffenen oder markierten Gegner haben in dem Fall aber weiterhin ein Icon über dem Kopf. Da sich ein Teil der Gegner bewegt, geht es aber nicht nur darum, alle Ziele zu finden, sondern auch das Timing und die Reihenfolge sind für den Erfolg relevant. 

Dieser schlanke Gameplay-Kern bleibt unter anderem durch drei Kräfte interessant, die ihr im Laufe der Kampagne erhaltet: Schon bald könnt ihr die rechte Maustaste in Flug gedrückt halten, um die schnurgerade Flugbahn ein wenig in die gewünschte Richtung abzufälschen. Später könnt ihr sogar einfach 180-Grad-Wenden hinlegen, dafür müsst ihr aber zunächst Energie sammeln, indem ihr leuchtende Körperteile der Ziele trefft. 

Auch die Umgebungen werden komplexer: In einer Kirche oder einem Wohnblock sind Gegner sowohl innen als auch draußen aufgestellt. Gerade später bin ich mehr als einmal mit der Kugel von einem Ende der kompakten Karte zum anderen geflogen auf der Suche nach dem letzten Kultisten. Hilfreich: auch Vögel sowie explodierende Gaskanister und Benzintanks von Autos sind legitime Zwischenstopps. Eher früher als später ist aber auch das letzte Kultmitglied auf einer Karte gefunden (wirklich alle müssen getroffen werden, damit es weiter geht). Fans von Suda51, wie es der Autor dieser Zeilen ist, stoßen überdies auch auf Anspielungen auf das Werk des japanischen Game-Designers. Der Name des Abschnitts "It's Open Mic Night in Hell" ist zum Beispiel ein wörtliches Zitat aus No More Heroes.
 
Zurück zur Spielmechanik: Neben Fähigkeiten und Umgebungen bleibt das Gameplay durch neue Typen an Zielpersonen interessant. Gepanzerte Kultisten zwingen zum Umdenken: Deren Rüstung könnt ihr nur knacken, wenn die Flugbahn lang genug ist, während ihr gleichzeitig mit der dritten Fähigkeit im übertragenen Sinne den Nachbrenner für eure Kugel anwerft, doch dabei könnt ihr eben nicht die Flugbahn korrigieren, wie ihr es bei Standardzielen und Kinder der Sonne mit ballistischem Schild oft tun werdet. Dazu kommt in den letzten Abschnitten ein vierter Gegnertyp, den ich hier aber nicht vorwegnehmen möchte. 
In diesem mehrgeschossigen Komplex sind so einige Ziele unterwegs. Die Kultisten aus der Klonfabrik stechen durch ihre gelbe Kleidung aber gut hervor und die Suche nach nicht ganz so offensichtlich platzierten Zielen  wurde für mich nicht überstrapaziert.
 

Der Umfang

Mit allen Zielen im Blick – oft genug könnt ihr auch nicht alle von eurer Startposition aus sehen und findet die restlichen on the fly – ist es nicht sonderlich schwer, durch Ausprobieren eine valide Route für die Kugel zu finden. Schon nach rund drei bis vier Stunden werdet ihr so alle Level gesehen haben. Eine Sache hielt mich jedoch zunächst davon ab, das Ende zu erleben: Ab und zu lockert Children of the Sun die Kampagne mit etwas anderen Levels auf. Allerdings hat eines davon in meiner Review-Fassung einen Bug. Wegen dem hörte ein Minispiel schlicht nicht mehr auf. Ein anderer Kollege hatte das Problem jedoch nicht und auch auf dem Redaktionsrechner funktionierte der Level dann wie gedacht. Ansonsten begegneten mir keine schweren Fehler.

Nach dem Ende könnt ihr noch eure Sammlung an Achievements komplettieren, indem ihr etwaige nicht erfüllte, vage formulierte Vorgabe einhaltet. Eine solche Herausforderung gibt es in jedem Level. “Zwei in Einem” weist etwa darauf hin, dass ihr einen Weg finden sollt, um zwei Ziele mit einem Streich zu erledigen.
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Beim Neuausrichten der Kugel vergeht die Zeit extrem langsam, auch beim Nachkorrigieren der Flugbahn erlebt ihr die Welt im reduzierten Low-Poly-Stil in Bullet Time.


Highscore-Jagdsaison

Für manchen Spielertyp geht Children of the Sun aber erst mit der Highscore-Liste für jedes Level richtig los. Das Punktesystem glänzt mit cleveren Details. Einige Beispiele: Nach einem Treffer läuft die Zeit bei der Neuausrichtung der Kugel extrem langsam weiter. Sehen andere in der Nähe die bizarre Blutfontäne, die aus ihrem Ex-Kult-Kollegen spratzt, laufen sie nachvollziehbarerweise weg. Gut so, denn dann werden sie ein bewegliches Ziel und das gibt Bonus-Punkte. Apropos: Kopftreffer geben auch hier die meisten Punkte, wenn es um Rekorde geht, kommt da die Abwägung hinzu, ob man sich nur glühende Köpfe für die Aufladung des freien Richtungswechsels herauspickt oder an welcher Stelle man ein paar Punkte opfert, weil man einen glühenden Arm oder Rumpf statt des Kopfes anvisiert.

Nicht zuletzt ist zu beachten: Beim Neuausrichten der Kugel tickt ein Timer für den Treffer-Multiplikator herunter, so kommt eine fiese Dosis Stress hinzu, denn für eine massiv bessere Punktausbeute muss man den mühsam ausgeklügelten Kugelfahrplan auch noch unter Zeitdruck umsetzen. Das wird zumindest bei den Standard-Einstellungen der Controller-Steuerung jedoch etwas schwer, die geht zwar gut von der Hand, aber ist in puncto der Stick-Sensitivität sehr viel träger als die Maus-Steuerung. Durch das schlanke Design lässt sich Children of the Sun übrigens wahlweise nur mit der Maus steuern, dann bewegt ihr die Protagonistin, indem ihr die Maus nach links oder rechts bewegt, was in der Praxis sehr gut funktionierte.

Wenn ihr noch mehr zur Entstehung  von Children of the Sun erfahren wollt: René Rother war zu Gast im Wochenschluss-Podcast.

Autor: Hagen Gehritz (GamersGlobal)
CHILDREN OF THE SUN PC

Fazit: Hagen Gehritz

Von Children of the Sun fühle ich mich verstanden, da es mehr Punkte gibt, je länger die Kugel zum Ziel unterwegs ist. Anders gesagt: Bei der Highscore-Jagd sind die umständlichsten Lösungen die besten, genau so funktioniert mein Gehirn in echt! 

Spaß beiseite: Ich  hatte viel Freude am ungewöhnlichen Rätsel-Gameplay im Shooter-Gewand. Die drei Kräfte, das zunehmend verwinkelte Level-Design und die weiteren Gegnertypen ließen das Konzept über die etwas mehr als drei Stunden Spielzeit nicht langweilig werden und ich hatte auch Spaß, gewisse Levels nochmal direkt effektiver zu lösen, auch wenn ich nach Release sicher bald wie schon bei der Demo wieder auf Plätzen im fünfstelligen Bereich landen werde. Auch die eine optionale Herausforderung in jedem Abschnitt motivierte mich, doch ich hätte mir noch mehr Anreize gewünscht, wieder in die Levels einzutauchen; weitere Objekte, die auf meine Kugel reagieren, hätten vielleicht noch mehr aus der Mechanik rausgekitzelt oder auch nur als nette Easter Eggs getaugt.

Aber das zeigt auch, dass ich gerne noch länger in der Welt von Children of the Sun geblieben wäre – und das obwohl man nicht viel Story erwarten sollte, die letztlich Beiwerk bleibt. Doch Children of the Sun erzeugt eine düstere und doch schräge Atmosphäre mit dem eigenwilligen Stil, dem manchmal aufblitzenden Humor, dem Einsatz von Farben und Blut, der Zeitlupe, natürlich Musik und Sound aber auch den Mini-Cutscenes. Und diese Atmosphäre habe ich ebenso genossen wie die kurzweilige ballistische Rätselei.
Hagen Gehritz 9. April 2024 - 22:11 — vor 3 Wochen aktualisiert
Hagen Gehritz Redakteur - P - 176218 - 9. April 2024 - 22:11 #

Viel Spaß mit dem Kurztest!

xan 18 Doppel-Voter - P - 11654 - 9. April 2024 - 22:30 #

Drücke dem Titel alle Daumen! Auch wenn er mich persönlich nicht anspricht klingt es nach einer Perle außerhalb der Reihe.

rgru0109 14 Komm-Experte - P - 2693 - 9. April 2024 - 22:55 #

Hört sich spannend an

JensJuchzer 21 AAA-Gamer - P - 28261 - 9. April 2024 - 23:23 #

NA da hast du in dem einen Lebel aber mal klar den ersten Platz im Leaderboard belegt :)

Hagen Gehritz Redakteur - P - 176218 - 10. April 2024 - 0:05 #

Das war nach dem Launch aufgenommen, ich glaube da wurden vorher die Listen frisch geleert, war also nicht so schwer. =D

JensJuchzer 21 AAA-Gamer - P - 28261 - 9. April 2024 - 23:23 #

Übrigens ein schöner Titel. Fand die preview schon sehr spannend.

Hannes Herrmann Community-Moderator - P - 43037 - 10. April 2024 - 8:25 #

Gestern gekauft und ca 1h gespielt. Mir gefällt, dass wie viel man an den Level an sich optimieren kann - sehr motivierend und erinnert mich an Hit an. Mein höchster Rang war aber nur 93. Die Optik finde ich auch klasse.

Spielt sich wirklich gut auf dem Steam Deck, aber wobei ich das rechte pad zur Unterstützung neben dem Stick als Maus nutze und minimale Änderungen über das Gyroskop mache.

Flooraimer 15 Kenner - P - 3500 - 10. April 2024 - 8:26 #

Holt mich nicht so ab, im Gamepass würde ich aber mal reinschauen.

Spielosoph 12 Trollwächter - P - 918 - 10. April 2024 - 12:51 #

Gar nicht meins, aber sehr schön dass GG auch kleine Titel hervorhebt.

Janosch 27 Spiele-Experte - - 86770 - 10. April 2024 - 20:25 #

Ich befürchte mir entzieht sich das Spiel.

maddccat 19 Megatalent - 14118 - 11. April 2024 - 7:36 #

Puh nee, da wird an der falschen Stelle mit dem "Realismus" zugunsten eines Gameplays gebrochen.

Holzkerbe 13 Koop-Gamer - - 1520 - 11. April 2024 - 9:32 #

Die Demo hat mich erst ein wenig abgeschreckt, dann aber schnell für sich gewinnen können. Werde mir die Vollversion holen, danke für den schönen Test! Ist die deutsche Übersetzung jetzt auch korrekt? In der Demo war die nämlich völliger Murks der Marke Google Übersetzer und das, obwohl das Spiel von einem deutschen Entwickler stammt? Hab zwar mit Englisch keine Probleme, aber seltsam fand ich das dann doch.

Hagen Gehritz Redakteur - P - 176218 - 11. April 2024 - 11:44 #

Mir vorher nicht aufgefallen, aber: Die deutsche Fassung von "Hiding Bodies" macht aus den Bodies dann Körper statt Leichen. Ist teils also wirklich krude.

Ganon 27 Spiele-Experte - - 83963 - 13. April 2024 - 9:29 #

Scheint generell gut anzukommen, die Steam-Seite steht bei "sehr positiv" und zitiert Topwertungen bekannter internationaler Magazine. Die Demo hat mir auch gefallen und der überschaubare Umfang erscheint mir bei so einem Spiel durchaus positiv. Besser nur 3-4 Stunden, als dass der Schwierigkeitsgrad später sinnlos nach oben geschraubt wird.

1000dinge 17 Shapeshifter - P - 8818 - 15. April 2024 - 9:47 #

Ich mag die Idee und habe mir gestern die Demo angeschaut, optisch holt mich das aber nicht ab und es ist alle so dunkel, dass ich einfach nicht genug erkenne. Gehört wahrscheinlich zum Konzept, aber ist nicht meins. Grundsätzlich ist das aber gut gemacht, schaut ruhig mal in die Demo rein.

Holzkerbe 13 Koop-Gamer - - 1520 - 16. April 2024 - 13:44 #

Ich denke mal mit Sichtung deines Testvideos ist jetzt klar, dass René definitiv Fan von Suda51 ist: Es gibt ja ein ganzes Level, dass das "NMH Hotel" als Schauplatz nutzt, das optisch frappierend an die Vorlage aus Suda51's No More Heroes erinnert... ;)

Hagen Gehritz Redakteur - P - 176218 - 17. April 2024 - 12:46 #

Defintiv, das war ja schon im Trailer zu sehen und da wurde dann auch Goichi Suda selbst drauf aufmerksam gemacht. Im Text nenne ich noch ein weniger offensichtlichtes Beispiel (ein Level-Name ist ein wörtliches No-More-Heroes-Zitat).

Holzkerbe 13 Koop-Gamer - - 1520 - 17. April 2024 - 13:24 #

Das finde ich als Suda51-Fan alles einfach nur genial und unter anderem deswegen holt mich das Spiel wohl auch direkt ab. Dickes Lob an René dafür :)

MicBass 21 AAA-Gamer - P - 28982 - 17. April 2024 - 11:07 #

Cooles Konzept, auch wenns nichts für mich ist.

Kirkegard 20 Gold-Gamer - 21173 - 18. April 2024 - 14:49 #

Highscore Jagd?
hat mich zuletzt bei Moon Patrol und Space Invaders (also Arcade Games aus den frühen 80ern) interessiert ;-)