Interview mit Sonys Europa-Chef

"Wir glauben an echte Spiele-Handhelds" Interview

Andrew House ist der Europa-Chef von Sony Computer Entertainment. Eine Dreiviertelstunde nahm er sich kürzlich Zeit, um mit GamersGlobal über die gerade erfolgte Markteinführung von Move zu reden, dem Thema "PSP 2" auszuweichen und seine Gedanken über die Mitbewerber Microsoft und Nintendo zu teilen.
Jörg Langer 22. Oktober 2010 - 20:43 — vor 13 Jahren aktualisiert
Dieser Inhalt wäre ohne die Premium-User nicht finanzierbar. Doch wir brauchen dringend mehr Unterstützer: Hilf auch du mit!
GamersGlobal: Herr House, Move ist kürzlich gestartet; wie läuft es denn?

Andrew House: Wir sind überglücklich mit den bisherigen Verkäufen: In Europa haben wir etwa 1,5 Millionen Einheiten des Move-Controllers verkauft -- also PS3-Bundles, Starter Packs und einzelne Controller zusammen gerechnet. Gerade in Deutschland scheint Move eine Menge Aufmerksamkeit für die PS3 erzeugt zu haben, wir haben aber auch vom Erfolg von Fifa profitiert.
 
GamersGlobal: Was hat denn Fifa mit Move zu tun?
 
Andrew House: Wir haben eine Marketing-Partnerschaft mit EA, und die PS3 ist traditionell bei Sportspielen stark. Darum denke ich, dass vom Erfolg von Fifa die PS3 überproportional profitiert hat, und das wiederum hilft auch Move.
 
GamersGlobal: Wie viele neue Kunden sind durch Move zur PS3 gekommen, wieviele Bundles haben Sie verkauft?
 
Wir sind mit Move ideal positioniert.
Andrew House: Es ist noch zu früh, um das zu sagen, Move ist noch nicht einmal in der vollen Auslieferung überall. Das Entscheidende für uns war, Move im September zu veröffentlichen, wenn der Markt nicht so zugestellt ist -- wie es etwa Anfang November der Fall sein dürfte. Wir sollten in der Lage sein, dieses Momentum bis Weihnachten zu reiten. Insbesondere die Bundles dürften sich gerade um die Weihnachtszeit sehr gut verkaufen -- und dann kommen auch die neuen Kunden. Wir sind mit Move ideal positioniert: Nicht nur als Casual-Peripherie, sondern auch als signifikante Verbesserung der bestehenden Spielegenres. Im Gegensatz unseren Mitbewerbern haben wir früh klar gemacht, dass Move auch etwas für die Core Gamer ist! Ich denke da an Spiele wie Killzone, Socom und Little Big Planet. Wir wenden uns doch nicht von der Fanbasis ab, die uns bis heute so sehr unterstützt hat! Aber Move ist eben auch ein Heidenspaß für Casual-Spieler.
 
Andrew House betont, dass man mit Move die Core-Gamer nicht vernachlässigen will, ein Beispiel: Killzone 3.

GamersGlobal:
Klingt nach einem tollen Plan. Aber die Realität sieht unter Umständen ganz anders aus: Die Casual-Spieler sagen zum Händler vielleicht: "Ich will das, wo man so was in der Hand hält und damit herumfuchtelt" -- woraufhin der ihm vermutlich eine Wii in die Hand drückt. Und die Core Gamer denken: "Klar, die wollen jetzt wie Nintendo die Casuals ansprechen". Die Move-unterstützenden Core Games, die Sie gerade erwähnt haben, kommen ja erst 2011.
 
Andrew House: Ich kann mich darauf verlassen, dass Sie immer ein Worst-Case-Szenario schildern. Aber bitte: Erstens haben wir bereits Core Games, die Move unterstützen: Resident Evil von Capcom ist bereits erschienen! Wir haben zweitens hohe Verkäufe beim Navigation Controller -- den man momentan eigentlich nur für Resident Evil gebrauchen kann. Scheinbar erreichen wir also die Core Gamer bereits! Und wenn Sie sich das Feedback der Early Adoptors im Internet anschauen: Denen gefällt die Technologie, sie schreiben, dass Move die beste Bewegungssteuerung ist, die sie bislang ausprobiert haben. Es gibt also gute Indikationen, dass Ihr Worst-Case-Szenario nicht zutrifft. Zudem: Wir sind gerade erst gestartet, und haben bereits Lieferprobleme -- was natürlich nicht nur positiv ist...
 
GamersGlobal: Und vor allem nicht unerwartet: Deutsche Grossisten haben uns bereits vor Monaten erzählt, dass sie Zweifel haben, dass Sony genügend Move-Peripherie liefern wird.
 
Lieber habe ich temporäre Lieferengpässe, als dass niemand unser Produkt will!
Andrew House: Wir sind bereits dabei, die Produktion weiter anzukurbeln, um die Bestellungen zu erfüllen, gerade in Hinblick auf die Weihnachtssaison. Die Engpässe sind ein temporäres Problem. Ich will das nicht beschönigen oder entschuldigen, aber der Move-Launch liegt irgendwo zwischen dem Launch einer gänzlich neuen Plattform und einem Peripheriegerät. Und wir bieten mehrere Konfigurationen an. Nach den ersten Verkaufszahlen wissen wir nun besser, welche davon die Konsumenten bevorzugt kaufen, es geht also mehr um das Verhältnis zwischen den Bundles, den Starter Packs und den Stand-alone-Controllern, als dass es um die absolute Zahl ginge. Wir werden das nun besser kalibrieren, und ich denke nicht, dass dies ein längerfristiges Problem ist. Aber ganz ehrlich: Lieber habe ich temporäre Lieferengpässe, als dass niemand unser Produkt will!
 
Entspannung vor dem Interview: Andrew House traf beim Tischtennisspielen per Move tatsächlich gut den Ball.
Bernd Wener 19 Megatalent - 14832 - 22. Oktober 2010 - 22:32 #

Huiui, starkes Interview. Da waren ja ein paar ganz schön freche Fragen dabei. Fein!

Besen 11 Forenversteher - 603 - 22. Oktober 2010 - 23:04 #

Sehr schön!
Macht ihr auch ein Interview mit Microsoft? Würde mich sehr interessieren was die zum Thema "Exklusivtitel" und Core games für Kinect sagen.

Anonymous (unregistriert) 23. Oktober 2010 - 0:12 #

Knaller das Interview, kritische Fragen, echt mal was ganz seltenes, danke dafür. Kritik, ihr hättet nach einem zweiten Analogstick am neuen Handheld fragen sollen - bzw. das Nichtvorhandensein dessen an der PSP 1 kritisieren sollen ;)

Anonymous (unregistriert) 23. Oktober 2010 - 3:30 #

"Zu diesem Gerät können wir im Laufe der Zeit neue Funktionen hinzufügen, und damit seinen Lebenszyklus erhöhen."
Wir können aber auch Funktionen entfernen und den Linux-Usern den Mittelfinger zeigen...

Anonymous (unregistriert) 23. Oktober 2010 - 3:48 #

Wirklich gutes Interview, aber da sieht man was ein Medienprofi ist, der Mann ist wie Teflon. Spinning at its best ohne die Konkurrenz dumm runterzumachen. Der koennte den Irak Krieg noch positiv darstellen.

anonymer Onkel (unregistriert) 23. Oktober 2010 - 12:39 #

"Ich kann mich darauf verlassen, dass Sie immer ein Worst-Case-Szenario schildern." Hahaha!

Schöner Freud'scher Verschreiber übrigens: "Darum lautet das Lotto: "Play, Create, Share"."

SirDalamar (unregistriert) 23. Oktober 2010 - 16:20 #

Danke, liebes GG-Team. Ich hasse Interviews mit 08/15-Fragen - hier hat sich jemand Gedanken gemacht, und das merkt man.

John of Gaunt 27 Spiele-Experte - 78508 - 23. Oktober 2010 - 16:43 #

Sehr gutes und vor allem sehr interessantes Interview. Bitte mehr davon!

Falconer 13 Koop-Gamer - 1520 - 23. Oktober 2010 - 20:34 #

Sehr gutes Interview, das House alles abverlangt hat. So machen Gespräche Sinn und verkommen nicht zu reinem BlaBla während eines Massen-Events. Klasse!!!

Spielstern (unregistriert) 25. Oktober 2010 - 22:40 #

Wow, super Interview, Jörg! Das nenne ich kritischen Journalismus, klasse! Nicht einfach nur das Marketing-Gerede anhören, sondern nachhaken und auch mal unbequeme Fragen stellen, top!