Report von Jörg Langer

GDC2017: Warren Spectors Deus-Ex-Postmortem verrät Philosophie & Pannen

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Jörg Langer 471022 EXP - Chefredakteur,R10,S10,A10,J9
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15. März 2017 - 13:28 — vor 7 Jahren zuletzt aktualisiert

Teaser

Dungeons & Dragons als Inspiration und Bruce Sterling als Game Master: Wie Warren Spector „seine ganze Karriere über versuchte, das Spielgefühl von damals neu zu erleben“.
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Warren Spector gab sich die Ehre, zur Game Developers Conference 2017 sein wohl größtes Werk als Postmortem wiederaufleben zu lassen: Deus Ex. Das im Juni 2000 erschienene Action-RPG baute auf Spielen wie System Shock 2 und Thief auf (und beschäftigte auch mehrere Entwickler beider Spiele) und glänzte vor allem mit der Freiheit, wie man Probleme angehen konnte.

Die Vorgeschichte von Deus Ex
Spector verriet in seinem Vortrag, dass er schon früh begeistert das Pen-and-Paper-Rollenspiel Dungeons & Dragons spielte. Besonders gern erinnert er sich an eine Spielrunde im Jahr 1978 mit Cyberpunk-Autor Bruce Sterling als Spielleiter. Im Prinzip versuche er schon seine ganze Karriere über, in seinen Computerspielen jenes Gefühl aufleben zu lassen, dass er mit dieser Spielerrunde erlebt habe.

Warren Spector auf der GDC 2017.

Bereits 1994, als Spector noch für Origin Systems arbeitete, hatte er die Idee zu einem Film-Noir-Spiel namens (Trouble)shooter. „Origin mochte das Konzept aber nicht.“ Später verließ Warren Origin und ging zu Looking Glass, die für den texanischen Hersteller Ultima Underworld (noch als Blue Sky Productions) und dann Ultima Underworld 2 sowie System Shock gemacht hatten. Als Spector zu Looking Glass stieß, arbeitete die Firma gerade an Thief. Er erinnert sich: „An einer Stelle im Spiel versagte ich immer wieder an derselben Stelle. Ich bat die Designer, meine Figur stärker zu machen. Sie weigerten sich, da die Idee im Spiel sei, zu schleichen. Das akzeptierte ich für Thief – aber ich schwor mir, ein Spiel zu designen, das dem Spieler die Entscheidung überlässt, ob er schleichen oder nicht doch lieber kämpfen möchte."

Später ging Looking Glass pleite, und Warren stand auf der Straße. John Romero lockte ihn, so seine Worte, zu Ion Storm, und er konnte an einem neuen Titel arbeiten. Dieser neue Titel wurde zu Deus Ex.

Die Philosophie hinter Deus Ex
Beim Spieldesign gehe es zunächst ganz generell um die Frage: Was ist die Kernidee, um was geht es? Und hat irgendwer dieses Spiel schon einmal gemacht? Falls ja, müsse man sich fragen: Was können wir daraus lernen? Und falls nein: Wieso wurde es noch nicht gemacht? Weil die Idee nicht funktioniert, oder weil es einfach noch niemand hinbekommen hat? Letzteres könnte bedeuten, dass man an einer großen Sache sitzt. Und: Hat das Spiel etwas zu sagen, jenseits des konkreten Spielinhalts? Andernfalls verschwende man die Zeit der Konsumenten. Warren wollte bei seinem neuen Projekt ganz bestimmte Themen unterbringen, auf eine Weise, wie sie nur in Computerspielen möglich sei. Gleichzeitig merkt Spector an, dass Spiele noch weit davon entfernt seien, „ihren Citizen Kane-Moment zu erleben: Wir sind noch ein sehr junges Medium!". Will heißen: Spector schließt sich nicht jenen an, die Computerspiele bereits fest im Feuilleton verorten.

Die Grundidee hinter Deus Ex war laut Spector die der "geteilten Autorenschaft" zwischen Schöpfer und Konsument: Der Spieler sollte an der Storygestaltung aktiv teilhaben. Und die Entscheidungen, die der Spieler traf, sollten mehr über ihn verraten als der Avatar, den er gewählt hatte. Dass der Agenten-Thriller nicht im modernen Setting angesiedelt sein würde – wie es der Plan für (Trouble)shooter gewesen wäre – hatte schlicht technische Gründe: „1997 war es nicht möglich, das realistisch hinzubekommen. Deshalb fiel unsere Entscheidung auf die nahe Zukunft. Das brachte Themen wie Cyberpunk und Blade Runner rein. Gleichzeitig war schon Ende der 90er absehbar, dass der Terrorismus eine zunehmende Rolle spielen wird. Die Idee der Singularität, also künstlicher Intelligenz, die der menschlichen überlegen ist, stand im Raum.“

Diese Themen führten, so doziert Warren Spector, zu "Filter Questions" wie den folgenden: Was passiert, wenn man einen James-Bond-Schwarz-oder-weiß-Agenten in eine Welt der Grautöne wirft? Wenn man ein Mensch ist in einer Welt der Augmentierungen? Wäre die Welt besser dran, wenn sie von einer KI regiert würde? Von einer Kabale? In einem Mittelalter des freien Willens? „Mein Spiel sollte nicht darum gehen, einen Endboss zu besiegen, aber sehr wohl sollte man darin das Schicksal der Welt entscheiden.“

Die Entwicklung von Deus Ex
Als nächstes führte Warren Spector in seinem GDC-Postmortem zu Deus Ex allgemeingültige Entwicklungsregeln auf, die er für wichtig hält, darunter:

  • Designe Probleme, keine Puzzles
  • Erzwinge keine Fehlversuche
  • Rollenspiel kommt von "Rolle spielen", nicht von „Würfel-Rollen“
  • Die Spieler machen die coolen Sachen, nicht die NPCs
  • Belohne die Spieler ständig
  • Schlauere Spieler brauchen schwerere Spiele
  • Denke in 3D: Die Spieler sollen nach oben und unten schauen
  • Erstelle Maps mit Verknüpfungen
  • Biete multiple Lösungsmöglichkeiten an

Mit Elan machte sich das Team an die Umsetzung dieser "Gebote", nahm sich jedoch viel zu viel vor: „Wir planten 25 Missionen auf der ganzen Welt und über 200 Charaktere – wir waren wahnsinnig. Am Ende hatten wir 500 Seiten mit Dokumentation, die keiner las.“ Als dann die Pre-Production-Phase begann, gab es Probleme. Das Team, das bei Ion Storm mit Spectors Hilfe entstand, funktionierte nicht: Es gab zwei konkurrierende Fraktionen unter zwei Lead Designern (dazu später noch mehr). Und: „Wir machten aus den 500 Seiten 270 Seiten, die immer noch keiner las.“ Spector fügt eine Anekdote an, die bei einem Verschwörungstheorien-Spiel, das rund 15 Monate vor dem 11.9.2001 erschien, nachträglich beängstigend wirken musste: „Ein Grafiker vergaß [beim Erstellen der Hintergrund-Bitmap für den Start-Level] das World Trade Center in der Skyline von New York."

Zunächst einmal aber wurde es September 1999. Waren Spector erinnert sich: „Das Spiel war fertig – und machte keinen Spaß. Aber Eidos gab uns mehr Geld und Zeit, und im Juni 2000 waren wir fertig damit, und ich war hochzufrieden damit.“

Was gut lief bei Deus Ex

Positiv aus Warren Spectors Sicht waren die klaren Ziele, die hinter der Entwicklung standen. Etwa, dass sich das Spiel an den Spieler anfühlen sollte, dass der Spieler sich fragen sollte, wer er eigentlich sei, und Entscheidungen zu treffen habe.

Auch die „Offenheit für Veränderung“ sei ein Pluspunkt gewesen: „Durch neue Teammitglieder kamen neue Vorstellungen herein.“ Gut sei auch gewesen, dass das Team immer wieder Beispielmissionen erstellte und optimierte. Dazu gehörte auch eine Mission im Weißen Haus. Diese schaffte es zwar nicht ins fertige Deus Ex, doch konnten die Designer ihre Ideen und Konzepte immer wieder überprüfen, und bemerkten technische Schwierigkeiten früh: „Beispielsweise hatten wir Performance-Probleme und mussten die Levels verkleinern oder aufteilen. Und wir hatten KI-Probleme.“

Etwa ein Jahr nach Beginn der Entwicklung baute das Team richtige Missionen und ließ echte Spieler sie ausprobieren. Das führte laut Spector zur Erkenntnis, dass die Missionen keinen Spaß machten. Gut sei gewesen, dass das Team den Mut gehabt habe, Dinge wegzukürzen aus dem Spiel.

Ebenfalls auf der Positiv-Seite – aber auch auf der negativen – sei die Entscheidung zu verorten, Technik einzukaufen, statt sie selbst zu entwickeln: Deus Ex basierte auf der Unreal-Engine nebst Unreal-Script. Dadurch kam das Projekt mit nur drei Programmierern aus.

Was schiefging bei Deus Ex
Warren Spector verwendet im GDC-Vortrag zu Deus Ex viel Zeit auf die Dinge, die nicht so gut liefen bei der Entwicklung. An erster Stelle: „Die Teamstruktur funktionierte nicht: Ich hatte zwei Lead Designer-taugliche Leute und wählte nicht einen aus, sondern ließ zwei Lead Designer ran. Es gab ständig Streit zwischen den Ultima- und den System-Shock-Leuten.“ Und der Art Director war hierarchisch nicht Spector unterstellt, sondern dem Hauptquartier. Die Wende zum Besseren sei gekommen, als es „irgendwann nur noch einen Lead Designer gab.“ Das war Harvey Smith, den man heute beispielsweise als Lead Designer von Dishonored kennt. Mehrere Leute verließen zu jener Zeit das Team (vermutlich wurde ihnen gekündigt). Warren Spectors Fazit: „Das Team-Zusammenspiel ist wichtiger als das Talent der einzelnen Mitglieder.“

Selbstüberschätzung war ebenfalls ein Thema: „In einer Mission sollte man 2000 Leute aus einem Konzentrationslager im Mittleren Osten befreien. Wir wollten eine Schlacht zwischen Regierungstruppen und texanischen in Austin haben. Kurzum: Wir überhoben uns und wollten zu viel. Wir setzten uns anfänglich keine sinnvollen Grenzen.“

Auch die Risiken seien falsch eingeschätzt worden: Mehrere Subsysteme des Programms funktionierten nicht, und die KI war inkonsistent. Das eben noch gelobte Lizenzieren von Technologie führte auf der anderen Seite dazu, dass die Programmierer lange brauchten, sie zu verstehen. „Wir hatten eine sehr dürftige Simulation, wir mussten die Maps aufteilen in kleinere Levels.“ Spector erwähnt auch noch mal den Umstand, dass das Team es schlicht nicht schaffte, die reale Welt glaubwürdig abzubilden. „Wir konnten nicht einmal ein Telefon so simulieren, dass es halbwegs realistisch wirkte.“ Mit der Zeit sei Deus Ex deshalb immer unrealistischer geworden.

Nicht zuletzt sei „Ion Storm eine wilde Firma“ gewesen: Es gab geleakte E-Mails, so konnte man irgendwann Warren Spectors Gehalt nachlesen. „Es gab Playboy-Shootings im Büro, es gab kontroverse Anzeigen.“ Das alles sei auf der einen Seite spannend gewesen, habe auf der anderen Seite aber konzentriertes Arbeiten erschwert und immer wieder Ablenkung vom Wesentlichen gebracht. Auf John Romero lässt Spector übrigens nichts kommen: „Ich kenne niemanden, der mehr über Spiele versteht. Und John hat mir gegenüber kein einziges Versprechen gebrochen, das er mir je gemacht hat.“

Und dann kamen die Spieler…
Teils schon beim Testen, teils erst nach Release trafen dann all die Designentscheidungen auf die harte Wirklichkeit, nämlich die Spieler. Dabei, verrät Spector, stellte sich heraus: „Sogar erfahrene Spieler wurden durch die ganzen Wahlmöglichkeiten verwirrt: Ich muss eine echte Entscheidung treffen? Sie speicherten, versuchten etwas, luden neu, versuchten es erneut, und noch mal, und nahmen irgendwann die Option, die ihnen am besten gefiel.“ Was nicht unbedingt im Sinne der Erfinder und des Konzepts Entscheidungen-führen-zu-Konsequenzen war.

Auch dass manche Spieler Glitches fanden und nutzten, überraschte die Designer: Mit aufeinander gestapelter LAM (Lightweight Attack Munition) gelang es einigen, die Grenzen der Levels zu überwinden und quasi im Niemandsland herumzulaufen. Die Lösung der Entwickler: „Wir setzten dann Leitern an die Levelgrenzen, damit diese Leute es wieder ins Spiel zurückschafften."

Was Warren Spector freut: Die Spieler redeten über Deus Ex, und sie erzählten unterschiedliche Geschichten. Und zwar nicht nur darüber, wie sie ihren J.C. Denton geskillt hatten oder wie sie Probleme angegangen waren. Der Designerveteran gibt zwei Beispiele: „Spieler A sagte etwa: ‚War es nicht cool, den Gefangenen aus der Zelle unter dem UNESCO-HQ zu befreien‘? Spieler B darauf: ‚Welche Zelle?‘ Ich bekam auch mit, dass zwei Spieler die zugrundeliegende Thematik von Deus Ex als ‚ganz klar links‘ oder ‚ deutlich rechts‘ empfanden – je nach ihrer eigenen Spielweise und wohl auch eigenen politischen Haltung.“

Am Ende des GDC-Vortrags löst Spector noch ein altes Rätsel auf: „Ja, J.C. Denton steht für ‚Jesus Christ Denton‘ – aber die Geschichte geht noch weiter: Denton ist ein guter Freund von mir, ich nenne ihn den ‚helpful guy‘. Er ist leider oft so hilfreich, dass es schon nervt, und damals sagte ich manchmal zu ihm: ‚Jesus Christ, Denton, du bist so verdammt hilfreich!‘ Daher kommt der Name.“

Als durchaus selbstbewusstes Schlusswort zum Deus-Ex-Postmortem gibt Warren Spector folgendes zum Besten: „Eines meiner Ziele war, andere Designer zu beschämen, sodass sie nie wieder ihre 08/15-Spiele machen konnten".

Jörg Langer Chefredakteur - P - 471022 - 15. März 2017 - 13:32 #

Viel Spaß beim Lesen!

immerwütend 22 Motivator - 31893 - 15. März 2017 - 13:38 #

"bei einem Spiel rund um (vermeintliche) Verschwörungstheorien leicht beängstigend wirken musste bei einem Spiel"
Das ist wohl nicht so gemeint ;-)

Jörg Langer Chefredakteur - P - 471022 - 15. März 2017 - 13:46 #

Das waren die Illuminaten!

Toxe (unregistriert) 15. März 2017 - 13:42 #

"Rollenspiel kommt von "Rolle spielen", nicht von „Würfel-Rollen“"

Wie wahr, wie wahr.

Jörg Langer Chefredakteur - P - 471022 - 15. März 2017 - 13:47 #

Gleichzeitig prägen diese frühen Pen-and-Paper- sowie Brettspiele mit ihren Würfelorgien immer noch erstaunlich stark heutige Computerspiele und die Erwartungshaltung der Spieler, zumindest bei Strategiespielen und RPGs...

LRod 19 Megatalent - - 18656 - 15. März 2017 - 14:51 #

Als Warhammer-Spieler muss ich auch sagen, dass Würfelwerfen Spaß macht. Allerdings nur mit echten Würfeln, in Spielen kann das gerne im Hintergrund laufen.

Zzorrkk 16 Übertalent - P - 5840 - 16. März 2017 - 11:13 #

Naja- das ist ja ein Tabletop Spiel. Nicht umsonst haben die GW Leute beim WH Fantasy Roleplay ganz andere Schwerpunkte gesetzt, wie zB umfangreiche Schauspielanleitungen für den Spielleiter... und genau die Welt und Atmosphäre waren auch die Stärke des Systems - regeltechnisch war es ja im Vergleich etwas steinzeitlich.

Q-Bert 25 Platin-Gamer - P - 56982 - 15. März 2017 - 19:01 #

...prägen heutige Computerspiele: ja, leider!

...Erwartungshaltung der Spieler: nö, ich wage sogar zu bezweifeln, dass es irgendeinen Spieler auf der Welt gibt, der gern Charakterwerte oder Trefferchancen im Computerspielen "auswürfelt". Das endet doch eh immer in Save-Try-Reload-Try-Reload-Try-Reload-... und das hat doch noch nie Spaß gemacht.

Toxe (unregistriert) 15. März 2017 - 19:10 #

Die ganzen Würfeleien (Skills, Loot) nervten in Wasteland 2 wie Hölle.

Q-Bert 25 Platin-Gamer - P - 56982 - 16. März 2017 - 1:53 #

Genau das war auch mein erster Gedanke :)

Maverick_M (unregistriert) 16. März 2017 - 0:48 #

Wenn ich jetzt nicht selbst die Würfel schwingen muss, dafür aber die Ergebnisse ordentlich in der Konsole/im Log einsehen kann: Warum nicht? Ich mag solche Spiele.

Q-Bert 25 Platin-Gamer - P - 56982 - 16. März 2017 - 1:52 #

Beispiel Characterwerte: Manche Spiele würfeln den Statszuwachs nach Levelaufstieg aus (AD&D Spiele). Wenn Du Pech hast, bekommst Du +1 Charisma und +1 HP. Hast Du Glück, kriegst Du +5 Stärke und +5 HP. Ein paar Mal Pech und du rennst gegen LV10 Monster, bist aber auf dem Entwicklungsstand eines LV3 Chars. Frust!

Beispiel Skills: Da steht man vor ner Tür/Schatzkiste und hat 10% Chance zum Öffnen (z.B. Wasteland 2). Trotzdem kriegt man natürlich JEDE Tür und Kiste auch mit 10% Skill auf, man muss nur oft genug probieren (=neu laden)... Mal klappt`s beim 1. Versuch, mal erst nach 40x neu laden. Frust!

Beispiel Trefferchance: Du bist mitten im schwierigen Kampf und Sieg/Niederlage hängen an einer 50% Chance, dass dein verdammter Zauberer den Frostspruch hinkriegt. Aber er versagt! Das perfekt geplante Kartenhaus an Aktionen bricht zusammen, der Kampf ist verloren, die Helden tot. Frust!

Komm, solche Frustmomente machen doch niemandem Spaß! Auf dem Brett in der Gruppe, ja, zumindest dann, wenn es anderen passiert :) Aber doch nicht allein vorm Bildschirm.

Viel besser sind Systeme, die keinerlei Glück beinhalten: Du bekommst eine feste Zahl Skillpoints, die du frei verteilst (ist ja heute auch meist so). Das kann beim Spieldesign ordentlich geplant werden und man rennt nicht in Situationen, die unlösbar sind, nur weil man die letzten Stunden Pech beim Levelaufstieg hatte.

Aufgaben wie Schlösserknacken schaffst du mit deinem Skill - oder eben nicht. Chance 0% oder 100%. Notfalls muss man den Skill halt aufleveln oder später wiederkommen. Ich repariere ja auch nicht mit 10% Chance mein Auto oder koche mit 50% Chance mein Mittagessen.

Ob ich mit einem Schuss/Schlag/Zauber treffe oder nicht, muss das Spiel aus der Situation heraus berechnen, nicht dem puren Zufall überlassen. Die Situation ändert sich nicht, nur weil ich neu lade! Wenn ich scheitere, liegt es an mir ganz allein, nicht an einem blöden Zufall.

Maverick_M (unregistriert) 16. März 2017 - 4:44 #

Ich lade auch bei Mass Effect einfach neu, wenn das Hacking fehl schlägt und der Safe gesperrt ist. Oder wenn ich in Skyrim nur noch einen Dietrich für die Kiste habe :p

Ich glaube auch nicht, dass Du viele Spiele finden wirst, die Dein "Beispiel Charakterwerte" so handhaben. Das wäre in einem PC-Spiel schlicht unsinnig. Es ist Sache des Spieldesigners solche Sachen zu vermeiden.

Das ändert aber nichts daran, dass ich solche Spiele einfach mag. Sie müssen ja deswegen nicht unfair gestaltet sein, wie Du schreibst.

Ein Baldur's Gate, ein DSA: Drakensang oder auch ein D:OS machen Spaß. Und die haben jede Menge Würfel unter der Haube.

Harry67 20 Gold-Gamer - - 24532 - 17. März 2017 - 8:40 #

Ich kann mich bei Baldurs Gate 1 noch gut an Gegner erinnern, die plötzlich aus der Erde brachen und einfach mal so einen One-Hit Kill landen konnten. War damals schon extrem unwitzig.

D:OS, das ansonsten sehr genial ist, zeigt auch größere Balancing Schwächen auf, die sich gerade bei Gegnern mit etwas höherem Level gut zeigen. An denen schnitzt man dann ewig herum, bis die HP heruntergehen.

Würfeln ist grundsätzlich nicht falsch, aber dann sollte schon besonders genau auf die Balance geachtet werden. Oder anders ausgedrückt: Es scheint eine Kunst zu sein, die wirklich nur wenige beherrschen, siehe Wizardry 8. Das kann man in allen möglichen Partykonfigurationen spielen und es bleibt ein hervorragendes Kampfsystem

Maverick_M (unregistriert) 15. März 2017 - 17:07 #

Das Wort mag ja daher kommen, ich finde die heutige Definition eines Rollenspiels, wenn man bspw. Wikipedia zu Rate zieht, aber einfach unsinnig, weil ungenau und schwammig definiert.

Dark Souls ist Gott 13 Koop-Gamer - 1461 - 15. März 2017 - 13:57 #

Danke dafür! Ich bin so froh, dass Warren Spector wieder in der Branche ist und an vernünftigen Spielen arbeitet. Abgesehen von Epic Mickey hat er meiner Meinung nach ausschließlich Meisterwerke geschaffen und ist für mich eine der herausragendsten, wenn nicht gar die herausragendste Figur der Videospielgeschichte.

McSpain 21 AAA-Gamer - 29213 - 15. März 2017 - 14:22 #

Schöner Beitrag. Vielen Dank dafür!

Olphas 26 Spiele-Kenner - - 66932 - 15. März 2017 - 14:25 #

Sehr interessanter Beitrag. Den Herrn Spector würde ich auch gerne mal referieren hören :)

"Was Warren Spector freut: Die Spieler redeten über Deus Ex, und sie erzählten unterschiedliche Geschichten. "

Das war damals echt spannend. Ich erinnere mich an Diskussionen in unserer selbst geführten Kneipe im Studentenwohnheim. Mehrere Leute spielten gerade Deus Ex und wir haben uns da abends ausgetauscht - und keine Story war wie die andere. Man hat immer wieder gestaunt. "Das geht auch? Ich hab das ganz anders gelöst!" Und der nächste hatte wieder einen anderen Ansatz, der auch funktioniert hat. Dabei waren die Level nicht mal besonders groß! Das war schon sehr beeindruckend.

McSpain 21 AAA-Gamer - 29213 - 15. März 2017 - 14:48 #

Ja. Deus Ex. Mafia. GTA 3. Das war für mich so die letzte magische Zeit wo man sich gegenseitig Erlebnisse erzählte und nicht von Spielen berichtet hat.

Keine Ahnung ob sich die Spiele oder die Spieler oder mein Umfeld geändert hat. Wobei ich zumindest auch wenn ich keine Switch habe Gespräche unter Zelda-Spielern aktuell wieder mehr so klingen.

Toxe (unregistriert) 15. März 2017 - 14:50 #

Gab in der Vergangenheit genug solcher Spiele, man muss sowas halt nur mitbekommen bzw. Teil der Community sein. Paradebeispiele sind die Souls-Spiele oder Skyrim.

Olphas 26 Spiele-Kenner - - 66932 - 15. März 2017 - 14:57 #

Genau, Dark Souls war auch so ein Ding. Als ich damit angefangen habe, hatte ich das dringende Bedürfnis mich dazu auszutauschen, was dann ja im entsprechenden Thread hier prima ging :)

Toxe (unregistriert) 15. März 2017 - 14:30 #

Hier gibt es übrigens das Video. Werde ich mir bei Zeiten auch noch anschauen.

http://www.gdcvault.com/play/1024338/Classic-Game-Postmortem-Deus-Ex

sneaker23 17 Shapeshifter - - 7435 - 15. März 2017 - 22:44 #

Oh, cool! Danke für den Link!!

Carsten 18 Doppel-Voter - 12406 - 15. März 2017 - 14:34 #

Super interessanter Artikel, danke dafür! Hach, was würde ich dafür geben, Deus Ex nochmal so wie damals erleben zu können. Kein Anderes Spiel hat mich so "geflasht" Deus Ex seinerzeit. Mit Recht eines der Meisterwerke der Spielegeschichte!

Kirkegard 20 Gold-Gamer - 21194 - 15. März 2017 - 14:43 #

Top Artikel!
Deus Ex war so viel mehr, Jesus Christ!
"Youre soo cool JC!"

Grombart 19 Megatalent - P - 14185 - 15. März 2017 - 14:45 #

Ganz ehrlich, ich hab ja schon oft über das "JC" nachgedacht, aber auf Jesus Christ bin ich nie gekommen bisher... ;)

Toxe (unregistriert) 15. März 2017 - 14:49 #

Das hatte ich sogar schon häufiger vermutet, interessant sind aber natürlich die weiteren Hintergründe des Namens. :-)

Labrador Nelson 31 Gamer-Veteran - P - 268351 - 15. März 2017 - 15:59 #

Ganz toll, sehr aufschlussreich. War ne Freude es zu lesen. Wäre gern dabei gewesen. :)

Toxe (unregistriert) 15. März 2017 - 17:09 #

Siehe ein paar Kommentare weiter oben, da habe ich den Link zum GDC Video gepostet.

Pro4you 19 Megatalent - 16342 - 15. März 2017 - 17:24 #

Wen noch mehr die Mechanismen hinter Deus Ex interessieren, dem kann ich wirklich ein Speedrun zu diesem Spiel ans Herz legen:

https://www.youtube.com/watch?v=90uFaOENYTQ

Bei diesem bekommt man ein gutes Bild davon mit welchen Mechanismen und Logiken das Spiel arbeitet

McSpain 21 AAA-Gamer - 29213 - 15. März 2017 - 17:38 #

Also genau worauf Spector hinauswollte. Ein Speed-Run und das sezieren der Logik.

Pro4you 19 Megatalent - 16342 - 15. März 2017 - 23:16 #

Speedruns können die Entwickler und ihre Mechanismen enttarnen, klar dass das nicht jedem Entwickler und Verantworftlichen gefällt. Für den der nur von außen zuschaut oder spielt ist so ein Speedrun aber sehr aufschlussreich

McSpain 21 AAA-Gamer - 29213 - 16. März 2017 - 9:05 #

Und damit genau das Gegenteil um das es in diesem Bericht dem Designer geht.

Ehrlich war mir vor 10 Jahren das Behind the Scenes auch noch wichtig, aber es bringt niemandem etwas. Erst recht nicht wenn der Reiz des Titels es ist sich vom Zaubertrick begeistern zu lassen und sich nicht einen Dauergamer anzutun der den Trick verrät und sich dann für clever hält.

Q-Bert 25 Platin-Gamer - P - 56982 - 15. März 2017 - 18:56 #

"Spector fügt eine Anekdote an, die bei einem Verschwörungstheorien-Spiel, das rund 15 Monate vor dem 11.9.2001 erschien, nachträglich beängstigend wirken musste: „Ein Grafiker vergaß [beim Erstellen der Hintergrund-Bitmap für den Start-Level] das World Trade Center in der Skyline von New York."

Wie im Pilotfilm zur Serie "The Lone Gunmen" (ein Spin Off von "Akte X"), der am 4. März 2001 ausgestrahlt wurde. Darin ging es um eine Verschwörung des US Governments mit der US Waffenlobby, um einen neuen heißen Krieg in Middle East zu provozieren. Dazu sollte ein Passagierflugzeug per Fernsteuerung gekapert und ins World Trade Center gesteuert werden und die Schuld anschließend einem islamistischen Diktator in die Schuhe geschoben werden.

Hier gibt's die Folge auf YouTube:
https://www.youtube.com/watch?v=9rsMG2hHsLo

#the-truth-is-out-here! :))

sneaker23 17 Shapeshifter - - 7435 - 15. März 2017 - 23:47 #

Die Idee ist leider nicht neu. Zur Zeit um Kennedys Präsidentschaft wurden von Geheimdienstlern und Miltitärs genau solche Ideen gesponnen (Anschläge im eigenen Land verüben / Flugzeuge entführen oder abschießen und falsche Spuren legen), um endlich einen Krieg gegen Kuba vom Zaun brechen zu können. Was dann letztendlich zum Desaster in der Schweinebucht führte (z.B.: Wikipedia, Schweinebucht-Invasion).
Nachzulesen z.B. bei James Bamford "NSA - Die Anatomie des mächtigsten Geheimdienstes der Welt". Kein Verschwörungstheoretiker, sondern jemand, der sich durch unzählige, mittlerweile freigegebene, Akten gewühlt und ebenso unzählige Gespräche mit Exmitarbeitern geführt hat.

TheRaffer 23 Langzeituser - P - 40464 - 15. März 2017 - 21:41 #

Mit Deus Ex wurde eindeutig ein Meilenstein geschaffen und mir fällt selbst beim x-ten Durchspielen noch eine neue Lösungsmöglichkeit ein. Herrlich! :)

Zerberus77 18 Doppel-Voter - - 10420 - 15. März 2017 - 23:59 #

Vielen Dank für den Bericht. Von Deus Ex bekomme ich nie genug.

Zzorrkk 16 Übertalent - P - 5840 - 16. März 2017 - 11:21 #

Danke für den tollen Artikel. Auch bei mir eins der Spiele, das mich über all die Jahre hinweg beim ersten Spielen am meisten gefesselt hat. Spannend zu lesen, wie Spector die Entwicklung beschreibt. Das mit dem Herumprobieren war wirklich exorbitant. Keine Ahnung, wie oft ich allein den ersten Level gespielt habe.

BIOCRY 17 Shapeshifter - - 7406 - 16. März 2017 - 18:24 #

Deus Ex IST und BLEIBT mein all time favourite was Computerspiele angeht! Danke für den Bericht!!!

Rainman 25 Platin-Gamer - - 55819 - 16. März 2017 - 20:51 #

Ja, Deus Ex ist mir auch noch in bester Erinnerung. Schöner Bericht, musste mal schmunzeln mal den Kopf schütteln. Ist ja fast ein Wunder, dass am Ende solch ein geniales Spiel dabei heraus kam!

Toxe (unregistriert) 16. März 2017 - 20:57 #

"Ist ja fast ein Wunder, dass am Ende [..] ein [..] Spiel dabei heraus kam"

Ein Satz, der vermutlich auf jedes Spiel zutrifft. ;-)

Maverick 34 GG-Veteran - - 1334861 - 17. März 2017 - 22:28 #

Lesenswerter Artikel zu Deus Ex, hätte ich nicht erwartet, dass die Entwicklung so chaotisch verlaufen ist.

Mitarbeit